Poroschenko gibt Kurz Forderungen an Moskau mit
Von Andreas Schwarz
Mit dem Appell, "alles zu tun, um zu deeskalieren und nicht Öl ins Feuer zu gießen", reiste Außenminister Sebastian Kurz am Montag zu einem Blitzbesuch in die Ukraine. Und mit drei Forderungen des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko an Russland, für die sich die EU verwenden möge, kehrte er zurück: Die 4000 russischen Soldaten und 300 Panzer in der Ostukraine sollen das Land verlassen; Russland solle die Grenze zur Ukraine schließen und Waffenlieferungen unterbinden; und mehrere 100 ukrainische Gefangene in Russland müssten freigelassen werden. Es gibt auch Zugeständnisse: Poroschenko will Gebieten in der Ostukraine auf drei Jahre befristete Selbstverwaltungsrechte zubilligen. Auf der Internetseite des Staatschefs hieß es am Montag, Poroschenko werde sein Vorhaben am Dienstag dem Parlament in Kiew vorlegen.
"Es deutet viel darauf hin, dass der Waffenstillstand in der Ostukraine sehr brüchig ist", sagte Kurz im Gespräch mit dem KURIER. Allein in der Nacht auf Montag seien wieder sieben ukrainische Soldaten gefallen. Der Außenminister nahm auf seinem Rückflug drei schwerverletzte ukrainische Zivilisten mit, die in einem niederösterreichischen Spital operiert werden sollen.
Als positiv wertete Kurz die Mitteilung Präsident Poroschenkos, dass sich die Ukraine, Russland und die EU auf das weitere Procedere für das Assoziierungsabkommen der Europäischen Union mit Kiew geeinigt hätten (Ratifizierung im EU-Parlament am Dienstag, Inkrafttreten erst Ende 2015).
Kurz traf auch mit Außenminister Pavlo Klimkin und dem Leiter der OSZE-Delegation, Ertugrul Apakan, zusammen, der ankündigte, dass die OSZE-Mission von 300 auf 800 Beobachter aufgestockt werden soll; derzeit kommen fünf aus Österreich, die Zahl dürfte verdoppelt werden. Die OSZE wird außerdem zehn Drohnen zur besseren Überwachung des Waffenstillstandes zum Einsatz bringen, die von der österreichischen Firma "Schiebel" geliefert werden.
OSZE unter Beschuss
Die OSZE bestätigte die Brüchigkeit des am 5. September vereinbarten Waffenstillstandes zwischen ukrainischem Militär und prorussischen Separatisten: Eine Gruppe ihrer Beobachter ist am Sonntag nach eigenen Angaben im Osten der Ukraine unter Granatbeschuss geraten. Die Gruppe von sechs Personen sei nahe Donezk zwei Mal angegriffen worden, ihre Fahrzeuge seien stark beschädigt worden. Verletzt wurde niemand. Neben einer weiteren Gruppe schlug ein Artilleriegschoss ein. "Wir sehen das als sehr ernsten Zwischenfall an", sagte OSZE-Sprecher Michael Bociurkiw. Wer für die Angriffe verantwortlich sei, könne er nicht sagen.
Unter der Führung der USA haben unterdessen mehrere NATO-Staaten ein umstrittenes elftägiges Militärmanöver nahe der westukrainischen Stadt Lwiw (Lemberg) begonnen. "Augenblicklich steht uns ein Gegner mit einer der mächtigsten Armeen der Welt und Atomwaffen gegenüber", sagte der ukrainische Oberst Alexander Siwak zum Start des Manövers "Rapid Trident" mit Blick auf Russland. Moskau kritisierte die Präsenz der rund 1200 Soldaten aus 15 Ländern als Provokation angesichts des blutigen Konflikts in der Ostukraine.