Polens rechtsnationale Regierung serviert letzten offiziellen Kritiker ab
Die letzte kritische Stimme, die in Polen ein offizielles Amt hat, verstummt. Der Menschenrechtsbeauftragter Adam Bodnar muss seinen Posten nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichts innerhalb von drei Monaten abgeben. Eine Regelung, wonach er die Funktion auch nach dem Ende seiner regulären Amtszeit bis zur Ernennung eines Nachfolgers behalte, sei nicht verfassungskonform, hieß es in der Begründung des Gerichts am Donnerstag. Der Gesetzgeber habe nun drei Monate Zeit, eine andere gesetzliche Lösung zu finden.
Setzte sich für Homosexuelle ein
Der 44-jährige Verfassungsrechtler Bodnar hat das Amt seit 2015 inne. Er ist einer der schärfsten Kritiker der nationalkonservativen PiS-Regierung, besonders machte er sich zuletzt für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBT) stark.
Bodnars fünfjährige Amtszeit war eigentlich bereits im September abgelaufen. Ein neuer Menschenrechtsbeauftragter muss jedoch von beiden Kammern des polnischen Parlaments bestätigt werden. Die mehrheitlich von der PiS besetzte erste Kammer, der Sejm, und die von der Opposition dominierten zweite Kammer, der Senat, konnten sich über Monate aber nicht auf einen Kandidaten einigen. Also blieb Bodnar im Amt.
Die rechtskonservative PiS sann auf einen anderen Weg, ihn von dem Posten zu entfernen. Sie beauftragte das Verfassungsgericht damit zu prüfen, ob Bodnars weiterer Verbleib im Amt verfassungskonform sei. Politische Gegner werfen der PiS vor, sie habe das Verfassungsgericht mit ihr nahestehenden Richtern besetzt.
Hardliner in Startlöchern
In einem vierten Anlauf möchte die PiS nun ihren Abgeordneten Bartlomiej Wroblewski zum neuen Menschenrechtsbeauftragten machen. Er gehört zu einer Gruppe von Parlamentariern, die mit einem Antrag beim Verfassungsgericht erfolgreich eine Verschärfung des Abtreibungsrechts erwirkt hatten. Das hatte zu massiven Protesten geführt.
Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatović, zeigte sich von der Entscheidung des Gerichts beunruhigt. Das Urteil schaffe eine besorgniserregende Lücke für die Funktion des Beauftragten und den Menschenrechtsschutz in Polen, schrieb sie auf Twitter. Ein Nachfolger müsse dringend ausgewählt werden.