Politik/Ausland

Rohanis "Schlüsselrolle" im Iran

Der Iran war in der Nacht auf Sonntag violett: Der Wahlsieg des moderaten Klerikers Hassan Rohani bei der elften Präsidentschaftswahl trieb Hunderttausende Anhänger im ganzen Land auf die Straßen. Violette Transparente - jener Farbe, die Rohani für seinen Wahlkampf gewählt hatte - waren vor allem in Teheran überall zu sehen.

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Sie trommelten lautstark mit Töpfen, Bändern und Schlüsseln – und erinnerten den Wahlsieger daran, was er im Wahlkampf versprochen hatte: Er würde sämtliche Schlösser, die in den vergangenen acht Jahren versperrt wurden und den Weg zur Freiheit blockierten, wieder öffnen, ließ Rohani seine Anhänger mehrmals wissen. Schlösser, die sein Amtsvorgänger Ahmadinejad versperrt hatte – Rohanis Anhänger verabschiedeten ihn dafür lautstark: "Bye, bye Ahmadinejad, geh' und komm nicht zurück", schallte es durch die Straßen.
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Die Erwartungen der Iraner an ihren neuen Präsidenten sind hoch – trotz aller eingeschränkter Handlungsfähigkeit durch den eigentlichen Machthaber des Landes Ayatollah Ali Khamenei. "Rette das Land lieber Hassan" oder "Wir stehen hinter dir, zeig, dass es auch anders geht", riefen sie Rohani zu. Er selbst zeigte sich dauerlächelnd im Fernsehen und gab die Zusage, "nicht eher zu ruhen, ehe meine Wahlversprechen erfüllt sind".

Atomprogramm als Knackpunkt fürs Ausland

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Das Ausland hat sich den Wünschen der Iraner schnell angeschlossen – noch in der Nacht kamen erste Reaktionen seitens der UNO, der USA und aus Israel. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon etwa erwartet von Rohani "eine konstruktive Rolle in regionaler und internationaler Politik"; die US-Regierung bekräftigte ihr Interesse an einer diplomatischen Beilegung des Atomstreits mit Teheran.
Rohani hatte zuvor erklärt, am umstrittenen Atomprogramm festhalten zu wollen; zeitgleich will er aber die außenpolitische Abschottung des Iran beenden. In diesem Punkt hat auch Israel seine Stimme erhoben: Regierungschef Benjamin Netanyahu ließ ausrichten, dass „der Iran der Forderung der internationalen Gemeinschaft nachkommen und sein Atomprogramm sowie die weltweiten terroristischen Aktivitäten stoppen muss."

Inwieweit eine tatsächliche Änderung in der Politik des Iran zu erwarten ist, bleibt abzuwarten – Beobachter hegen Zweifel, dass es mit Rohani zu einem wirklichen Richtungswechsel kommt. Die Präsidentin des "Nationalen Widerstandsrates Iran" (NWRI), Maryam Rajavi, warnte etwa davor, Rohani taxfrei mit dem Etikett "moderat" zu versehen. Davon solle man sich nicht täuschen lassen. "Ohne Meinungsfreiheit und Wahrung der Menschenrechte, ohne freie politische Parteien und die Abkehr von der kriegerischen Politik in Syrien und im Irak und des Verzichts auf die Atombombe" werde sich im Iran nichts ändern.

Wer Hassan Rohani, dem frisch gekürten siebten Präsidenten des Iran, einmal persönlich begegnet, merkt, dass der 64-jährige Geistliche sein Wahlmotto "Kooperation statt Konfrontation" lebt. Seine ruhige, fast väterliche Stimme ist sein Markenzeichen, sein unermüdlicher Kampf für die Rechte und Freiheiten der iranischen Jugend sein Credo. Der Ex-Atomchefunterhändler gilt zwar nicht als Reformer im eigentlichen Sinne, ist aber als moderater Pragmatiker der Kandidat der Reformer.

Unter Rohani wurde die umstrittene iranische Urananreicherung kurzfristig eingestellt. Acht Jahre später befindet sich der Atomstreit nach wie vor in einer Sackgasse. Hassan Rohani hat darüber ein Buch geschrieben. Mit seinem Wahlslogan "Besonnenheit und Hoffnung" will er die vielen Probleme des schiitischen Gottesstaates lösen.

Unter westlichen Diplomaten ist Rohani, der seine Ausbildung 1960 in der heiligen Stadt Ghom begann, sehr angesehen. Sein großes Interesse gilt den modernen Wissenschaften, seine Ausbildung krönte er mit einem Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften auf der Glasgow Caledonian University.

Seine politische Visitenkarte ist lang: Von 1989 bis 2005 war er Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates. Seit 1991 ist er Mitglied des Schlichtungsrates und seit 1992 Leiter des Zentrums für strategische Forschungen. Auch als Parlamentspräsident konnte er viele Erfahrungen sammeln. 1998 wurde er in den Expertenrat gewählt.

Ein großer Förderer und Mentor Rohanis ist Ex-Präsident Ali Akbar Hashemi-Rafsanjani, der selbst nicht zur Präsidentenwahl zugelassen wurde vom Wächterrat. Rohani gilt seit über zehn Jahren als rechte Hand Rafsanjanis im Schlichtungsrat. Sein Wahlwerbespot war voll mit Bildern Rafsanjanis.

Die Wahl Rohanis war eine deftige Ohrfeige für Irans Obersten Führer Ali Khamenei und den Wächterrat, die Rafsanjani, obwohl er den Schlichtungsrat führt, die Zulassung zur Wahl verweigert hatten. Daraufhin hatte sich Rafsanjani für Rohani eingesetzt.