Politik/Ausland

Nach PKK-Abzug keimt Friedenshoffnung auf

Die Regierung in Ankara hatte den 1500 bis 2000 Kämpfern der Kurden-Guerilla PKK zwar freies Geleit zugesichert. Doch die Rebellen trauen der Zusage nur bedingt: Sie haben zwar am Mittwoch mit dem vereinbarten Rückzug begonnen, werden aber nur nachts marschieren und sich tagsüber versteckt halten.

Hintergrund: Schon einmal, 1999, war ein großflächig geplanter Abzug durch Angriffe der Armee gestört worden – 500 Menschen starben damals. Wegen der Vorsichtsmaßnahme werden die ersten PKK-Freischärler erst in einer Woche im Nordirak erwartet. Dort befinden sich rund 5000 Gesinnungsgenossen und das Hauptquartier der Truppe, die anfangs für die Unabhängigkeit der Kurdengebiete im Osten der Türkei und später für weitgehende Autonomie kämpfte.

Symbolfigur Öcalan

Seit 1984 schwelte der Konflikt, dem 40.000 Menschen zum Opfer fielen. Unumstrittene Führerfigur der PKK („Kurdische Arbeiterpartei“) ist Abdullah Öcalan. Er wurde 1999 festgenommen und sitzt auf der Insel Imrali vor Istanbul eine lebenslange Haftstrafe ab.

Seit vergangenem Dezember handelte Öcalan mit dem Chef des Geheimdienstes MIT eine Friedenslösung aus. Zum kurdischen Neujahrsfest Newroz (21. März) verkündete der PKK-Chef dann die Feuerpause: „Eine Türe ist geöffnet, die vom bewaffneten Kampf zu einem demokratischen Kampf führt“, ließ Öcalan wissen. Mit dem jetzigen Rückzug der PKK-Einheiten wächst die Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden in der Türkei.

Welche politischen Zugeständnisse die PKK für ihr Einlenken erhalten hat, ist noch unklar. Beobachter gehen davon aus, dass die riesige Minderheit – bis zu 20 der 75 Millionen Einwohner der Türkei sind kurdisch – mehr politische und kulturelle Rechte erhalten sollen. Diese könnten auch in der neuen Verfassung verankert werden, die derzeit in Ausarbeitung ist.

Die Kurdengebiete sind nicht genau begrenzt, erstrecken sich über Türkei, Iran, Irak und Syrien.

27. November 1978: Öcalan gründet mit einigen Dutzend Gleichgesinnten die marxistische PKK.

12. September 1980: Die türkischen Militärs putschen sich an die Macht und verstärken in den Folgejahren erheblich die Repression gegen die Kurden. Öcalan verlässt die Türkei ein Jahr nach dem Staatsstreich.

15. August 1984: Die PKK beginnt mit zwei Anschlägen im türkischen Südosten ihren bewaffneten Kampf. Das ursprüngliche Ziel der Errichtung eines eigenen Kurdenstaates wird im Laufe der Jahre aufgegeben.

19. Juli 1987: Das türkische Parlament verhängt wegen des PKK-Aufstands das Kriegsrecht über Teile Südostanatoliens. In einigen Gebieten bleibt der Ausnahmezustand bis zum 30. November 2002 in Kraft.

24. Mai 1993: Die PKK tötet 33 unbewaffnete türkische Soldaten in einem der folgenschwersten Einzelanschläge der Rebellen.

9. Oktober 1998: Öcalan muss sein Versteck in Syrien verlassen, nachdem die Türkei dem Nachbarstaat mit Krieg gedroht hatte.

15. Februar 1999: Öcalan wird von türkischen Agenten in der kenianischen Hauptstadt Nairobi gefasst und auf die türkische Gefängnisinsel Imrali gebracht.

29. Juni 1999: Nach einem Hochverratsprozess auf Imrali wird Öcalan zum Tode verurteilt. Die Strafe wird nach Abschaffung der Todesstrafe in der Türkei 2002 in lebenslange Haft umgewandelt.

1. September 1999: Die PKK ruft eine Waffenruhe aus, die mit Unterbrechungen bis 2005 hält.

5. April 2004: Die EU stuft die PKK offiziell als Terrororganisation ein.

13. August 2005: Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan räumt als erster türkischer Regierungschef die Existenz eines "Kurdenproblems" ein.

4. Oktober 2006: 15 türkische Soldaten und 23 PKK-Kämpfer sterben bei einem PKK-Angriff auf einen Militärposten im türkischen Grenzgebiet zum Irak und zum Iran.

26. September 2011: Erdogan informiert die Öffentlichkeit über gescheiterte Geheimverhandlungen mit der PKK in der norwegischen Hauptstadt Oslo.

28. Dezember 2012: Erdogan gibt den Beginn neuer Friedensverhandlungen zwischen dem türkischen Geheimdienst MIT und Öcalan auf Imrali bekannt.

3. Januar 2013: Erste ranghohe Kurdendelegation besucht Öcalan auf Imrali.

23. Februar 2013: Zweite Kurdendelegation bei Öcalan. Der PKK-Führer stellt die Freilassung von Gefangenen in Aussicht, die von seiner Organisation festgehalten werden.

24. Februar: Die Zeitung "Radikal" berichtet, dass Öcalan die PKK zu einem Waffenstillstand aufrufen will und nennt als mögliches Datum das kurdische Neujahrsfest Newroz.

21. März: Öcalan lässt zum Newroz-Fest vor Kurdenvertretern in Diyarbakir seinen Aufruf zum Waffenstillstand verlesen.

8. Mai: Die PKK-Kämpfer beginnen ihren Rückzug aus der Türkei.