Minister will helfende Ärzte bestrafen
„Es ist ein Schachzug, um die Menschen zu manipulieren“, sagte eine 21-jährige Studentin zu Journalisten. Gemeint ist das Angebot von Premier Recep Tayyip Erdogan, die Istanbuler über das umstrittene und mittlerweile stark politisierte Park-Projekt in der 15-Millionen-Metropole abstimmen zu lassen. Andere Protestierende nennen das mögliche Referendum eine Abstimmung über die Zukunft Erdogans selbst. Denn den Zehntausenden Demonstrierenden geht es nicht mehr allein um den Plan der Regierung, den Gezi-Park für einen Nachbau einer osmanischen Kaserne abzureißen. Die Hauptkritik gilt längst Erdogans autoritärem Führungsstil.
Angebot zu spät
Eines scheint klar: Das Angebot über die Abstimmung kommt den Protestierenden zu spät. Zudem sprach der Premier am Donnerstag eine „letzte Warnung“ an die Besetzer des Gezi-Parks aus, er solle geräumt werden. Seine Geduld sei am Ende. Die Menschen sollen sich von „Provokateuren“ distanzieren, sagte Innenminister Muammer Güler.
Auch das EU-Parlament kritisierte, dass Premier Erdogan zu lange gewartet habe, „versöhnliche Schritte“ einzuleiten, und so „zur Polarisierung beigetragen“ habe. Die türkische Regierung antwortete, dass das EU-Parlament mit diesen Aussagen das gemeinsame Ziel – die Stärkung der Demokratie – gefährde. Sie hätten „mit der Realität nichts zu tun“ und seien deshalb für die Türkei „null und nichtig“. Ähnlich harte Worte kamen aus dem Gesundheitsministerium in Richtung Demonstranten: Die provisorischen Spitäler rund um die Protest-Zentren seien illegal. Minister Mehmet Muezzinoglu kündigte rechtliche Schritte gegen die Ärzte, die dort arbeiten, an. Nach Angaben des Ärzteverbandes sind bei den Protesten bis dato drei Menschen getötet und rund 5000 verletzt worden.
Der Innenminister versprach aber nach Berichten in der Zeitung Hürriyet Daily News, dass das Vorgehen der Polizei untersucht werde. Gleichzeitig solle man sich aber auch die andere Seite ansehen. Güler wies auf die durch Protestierende verursachten Sachschäden hin.
In der Nacht auf Donnerstag hatte am Taksim-Platz Ruhe geherrscht. Ein Klavierkonzert sorgte für Atmosphäre. Die Gewalt verlagerte sich in die Hauptstadt Ankara. Dort setzte die Polizei Tränengas und Wasserwerfer ein.