Politik/Ausland

Gewalt in Belarus: Polizei verhaftet erneut Hunderte Demonstranten

Die Proteste in der Hauptstadt Minsk flammen wieder auf. Frauen versammelten sich am Donnerstagmorgen im Zentrum zu friedlichen Solidaritätsaktionen und bildeten Menschenketten, wie in Kanälen des Nachrichtendienstes Telegram zu sehen war.

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Die Aktionen, die bisher vor allem am Abend und in der Nacht liefen, richten sich gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko. Der 65-Jährige hatte sich nach der Präsidentenwahl nach 26 Jahren im Amt zum sechsten Mal in Folge zum Sieger erklären lassen. Die Opposition und Experten werfen ihm Wahlfälschung vor. Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja musste nach Litauen fliehen.

Die Polizei hat nach Angaben des Innenministeriums weitere rund 700 Menschen verhaftet. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hatte das gewalttätige Vorgehen der Behörden in Weißrussland gegen friedliche Demonstranten bereits am Mittwoch verurteilt. In den vergangenen drei Tagen seien Berichten zufolge mehr als 6.000 Menschen festgenommen worden, darunter Minderjährige, hatte sie erklärt.

Bestätigter Todesfall

In der Nacht auf Donnerstag gab es neue Proteste mit weiteren Festnahmen, allerdings nach Meinung von Beobachtern mit weniger Polizei-Gewalt als an den Vortagen. Dennoch kursieren diverse Videos in sozialen Netzwerken, die Polizeigewalt und Willkür zeigen - auch hinter Gefängnismauern. Auch Schusswunden häufen sich laut Berichten. Die Polizei in der Stadt Gomel bestätigte am Mittwochabend zudem den Tod eines jungen Mannes, der am Sonntag festgenommen worden war.

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Die Mutter des 25-Jährigen hatte den Sicherheitskräften Willkür vorgeworfen und sie verantwortlich gemacht für den Tod. Ihr Sohn, der eine Herzkrankheit gehabt habe, sei am Wahlsonntag auf dem Weg zu seiner Freundin festgenommen worden und dann in Polizeigewahrsam im Krankenhaus gestorben. Die Polizei teilte mit, dass die Gerichtsmedizin die Todesursache klären müsse.

Nach Darstellung der Ermittler hatte der Mann an nicht genehmigten Protesten teilgenommen und sei dann mit zehn Tagen Arrest bestraft worden. Sein Gesundheitszustand soll sich im Gewahrsam verschlechtert haben, weshalb er in ein Krankenhaus gekommen sei. Dort starb er den Behördenangaben zufolge.

Slowenien fordert Wahlwiederholung

Belarus ist für Österreich ein wichtiger Unternehmensstandort. Laut Website des Außenministeriums gibt es - auf Basis des Statistikamts Belstat - "83 Unternehmen mit österreichischen Kapitalanteilen und 20 österreichischen Firmenrepräsentanzen in Belarus". Darunter eine Tochter des Telekomanbieters A1, der vorgeworfen wird, sich dem Regime gebeugt zu haben und bei der vorübergehenden Abschaltung des Mobilnetzes sehr kooperativ gewesen zus ein. A1 wies jede Verantwortung von sich.

Der tschechische Außenminister Tomas Petricek hat den belarussischen Botschafter in Prag ins Außenamt zitiert, um gegen die aus seiner Sicht "undemokratischen Wahlen" in der Ex-Sowjetrepublik zu protestieren. Das teilte der Sozialdemokrat am Donnerstag via Twitter mit.

Der slowenische Premierminister Janez Jansa wurde deutlich und forderte eine Wiederholung der Präsidentenwahl. Das sei die "einzig friedliche Lösung", betonte Jansa am Donnerstag am Rande einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem US-Außenminister Mike Pompeo anlässlich dessen Europa-Tour.

Neue Sanktionen?

Deutschland und andere EU-Staaten haben die neue "Repressionswelle" unter Lukaschenko kritisiert. Die EU-Außenminister wollen an diesem Freitag bei einer außerordentlichen Videokonferenz über die Lage in der Ex-Sowjetrepublik beraten. Weißrussland ist Mitglied in der östlichen Partnerschaft der EU. In der Diskussion ist die Wiedereinführung von Sanktionen gegen Lukaschenkos Machtapparat.

US-Außenminister Mike Pompeo sagte dem von Washington finanzierten Radiosender Radio Free Europa/Radio Liberty, dass auch sein Land neue Sanktionen prüfen könne. "Wir wollen gute Ergebnisse für die Menschen in Belarus und werden entsprechend agieren", sagte er. Die USA und Weißrussland haben gerade erst wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen nach jahrelanger Eiszeit.