Politik/Ausland

Kurz verstärkt den Druck auf Ankara

Ein genussvolles Mittagessen wird es heute, Freitag, für die 28 EU-Außenminister in Bratislava wohl nicht geben. Bei dem "working lunch", wie es im Programm offiziell heißt, wird es um die EU-Beziehungen zur Türkei nach dem gescheiterten Putschversuch gehen.

Bei diesem Essen aus Anlass des zweitägigen informellen EU-Außenministertreffens wird Sebastian Kurz seinen Amtskollegen reinen Wein einschenken. "Was in der Türkei nach dem natürlich zu verurteilenden Putschversuch derzeit passiert, die Verhaftungen und die Säuberungswelle, ist völlig inakzeptabel. Die Türkei entwickelt sich immer mehr von Europa weg", erklärt Österreichs Chefdiplomat.

Für den ÖVP-Politiker ist es demnach nur konsequent, einen Schlussstrich unter die Beitrittsgespräche mit der Türkei zu ziehen. "Ich bin dafür, die Beitrittsverhandlungen nicht mehr durch neue Kapitel-Eröffnungen fortzusetzen, betont er gegenüber dem KURIER. Einen Antrag auf einen sofortigen Stopp der Beitrittsverhandlungen wird Bundeskanzler Christian Kern beim EU-Sondergipfel am 16. September einbringen, weiß Kurz.

Einmischung ist negativ

Am Samstagvormittag will der Außenminister seine klare Position noch einmal beim türkischen Europa-Minister Ömer Çelik deponieren und ihm auch sagen, dass es "sehr negativ" sei, wenn türkischstämmige Demonstranten in Österreich von der Türkei unterstützt werden. "Damit werden türkische Konflikte direkt nach Österreich importiert."

Die Forderung von Kurz, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sofort zu beenden, bedeutet für ihn aber nicht, den Dialog abzubrechen oder die Wirtschaftsbeziehungen zu kappen.

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Çelik, der Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan sehr nahe steht und Chefverhandler für den EU-Beitritt des islamischen Landes ist, reist aus Ankara an, um mit den EU-Ministern über den aktuellen Stand der EU-Türkei-Entwicklungen zu reden. Die Türkei wirft der EU vor, zu wenig die Putschisten kritisiert zu haben und arrogant gegenüber der Regierung in Ankara aufzutreten, so auch bei der Visa-Liberalisierung. Regelmäßig droht die Türkei, den Flüchtlingsdeal mit der EU platzen zu lassen.

Brüssel-Insider sagen, dass es im Kreise der EU-Außenminister Einigung darüber gibt, derzeit keine weiteren Kapitel in den Beitrittsverhandlungen zu öffnen. Über das definitive Aus der Gespräche über eine EU-Mitgliedschaft gehen die Meinungen aber weit auseinander. Es ist nicht einmal sicher, ob es die nötige Mehrheit im Rat für ein vorläufiges Aussetzen der Türkei-Verhandlungen gebe. Davon lässt sich Kurz nicht beirren. "Ich bleibe bei meiner Haltung gegenüber der Türkei."