Kriegsverbrechen in Bosnien: Radovan Karadzić ist schuldig
Mindestens 8372 Buben und Männer sind in der ostbosnischen Gemeinde Srebrenica im Juli 1995 getötet und in Massengräbern verscharrt worden. 14 Angeklagte sind bisher für den Genozid verantwortlich gemacht worden. Gestern folgte die Verurteilung des höchstrangigen Verantwortlichen.
Radovan Karadzić, der ehemalige Präsident der Republika Srpska wurde am Donnerstag vom Kriegsverbrechertribunal (ICTY) in Den Haag zu 40 Jahren Haft verurteilt. In zehn von elf Punkten wurde der 70-Jährige gestern schuldig gesprochen. Darunter Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Weit mehr als die 8372 Toten von Srebrenica hat der bosnische Serbe zu verantworten. Er will gegen das Urteil Berufung einlegen.
Karadzić wurde erst nach mehr als 12 Jahren Flucht festgenommen. Sechs Jahre mit insgesamt 500 Sitzungstagen später wurde er schuldig gesprochen. Ein emotionaler Tag für die Menschen in der Region. "Heute kann ich vielleicht zum ersten Mal richtig schlafen", sagte die Mutter eines Srebrenica-Opfers.
Kommandoübergabe im Pulverfass
Die Kommandoübergabe der 800 EU-Soldaten aus 22 Ländern erfolgte just zu jenem Zeitpunkt, als die ganze Welt ihre Aufmerksamkeit auf das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag richtete, wo das Urteil gegen Karadzić gesprochen wurde.
Bei der Übergabe durch den Burgenländer Johann Luif an den Niederösterreicher Friedrich Schrötter waren die Spannungen zu spüren. Aus Brüssel war keine hochrangige Vertretung der Außenbeauftragten Frederica Mogherini anwesend, weil es die Spitzendiplomaten wegen der Terroranschläge nicht schafften, aus Brüssel hinauszukommen. Vor Ort wurde die EU-Laudatio vom Sondergesandten, dem Schweden Lars-Gunnar Wigemark gehalten, der sich zufällig in Sarajewo befand.
Diesmal war auch das Interesse der bosnischen Medien am Festakt im Camp Putmir gering. Die waren alle in der Stadt in Lauerstellung, um zu dokumentieren, was passiert, wenn das Karadzic-Urteil bekannt wird.
Auch Schötters EU-Späher waren im Einsatz. Augenscheinlicher hätte man dem Österreicher nicht vorführen können, in welchem Pulverfass er nun die militärische Verantwortung übernommen hat. Denn mit dem Kommando über die EU-Truppen hat er auch die Verantwortung über die Sicherheit im Lande. Er unterstützt die bosnische Armee beim Aufbau. Und wenn es zu inneren Auseinandersetzungen kommt, muss er mit seinen Soldaten einschreiten.
Und das in einem Land, im dem noch immer eine ständige Angst vor einem neuerlichen Bürgerkrieg herrscht. In einem Land, in dem sich die Terrormiliz "Islamischer Staat" festgesetzt hat und wo Wahhabitische Scheichs der Arabischen Halbinsel Milliarden investieren und damit den Salafismus befeuern. Das Bundesheer hat das Oberkommando, weil es nicht nur das stärkste Kontingent stellt, sondern auch Black Hawk und Bel-214 Hubschrauber stationiert hat. Dieses Engagement leistet sich das Bundesheer nach den Worten von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, weil eine Eskalation in Bosnien unmittelbare Auswirkungen auf Österreich hätte.