Politik/Ausland

Kontroverse deutsche Debatte über Snowden

Die überraschende Stippvisite des Grünen Hans-Christian Ströbele bei dem in Moskau im geheimen Asyl ausharrenden US-Verräter Edward Snowden hat die Diskussion über seine Rolle intensiviert. Die politische Linke sieht in ihm einen Wohltäter des Landes und will ihm Asyl in Deutschland geben. Die Union von Kanzlerin Merkel ringt um eine Position zwischen der von Medien wieder angeheizten Pro-Snowden-Stimmung und der politisch wie juristisch heiklen Beziehung zu den USA.

Schon das Medienecho auf den Coup des Altlinken und selbstdeklarierten US-Kritikers Ströbele ist kontrovers: Die linke bis linksliberale Presse feiert den als gelungene „Show“ und „Inszenierung“ und fordert als Konsequenz Snowdens Befragung durch deutsche Politiker. Dafür müsse er Asyl als Schutz vor der Auslieferung in seine Heimat bekommen.

Liberale und konservative Medien sehen in Ströbeles Coup überwiegend einen „Propagandagag“ und verweisen darauf, dass Snowden in Moskau gemäß den Asyl-Bedingungen von Staatspräsident Putin keine US-schädlichen Aussagen machen dürfe. Daher sei seine Befragung dort unergiebig, in Deutschland aber würde sie die Beziehungen zu den USA noch stärker verschlechtern.

Die Kontroverse spaltet auch die Politik: Die Grünen dramatisieren die bekannten Snowden-Behauptungen weiter. Die SPD schließt sich nach erstem Zögern immer mehr an und verlangt ebenfalls Asyl für ihn. Die „Linke“ nutzt Ströbeles Treffen für schrille Anti-US- Töne in Tradition ihrer Vorgängerin, der Regierungspartei SED im DDR-Überwachungsstaat.

Verantwortung

Die Union tut sich damit sichtbar schwer. Kanzlerin Merkel ist nach ihren widersprüchlichen Telefonaten mit Präsident Obama über die US-Belauschung ihres Handys ihm gegenüber noch kritischer als zuvor . Sie will aber das deutsche Verhältnis zu den USA nicht noch weiter belasten. Dies wäre aber automatisch die juristisch durchaus mögliche Immunität für Snowden gegen das US-Auslieferungsbegehren, sollte er vor dem von den linken Parteien heftig betriebenen Bundestagsuntersuchungsausschuss aussagen. Und ein Dauerasyl wäre der größte Affront gegen die USA, den die linken Parteien und Medien aber schon zu deren verdienter Strafe erklären. Daher lässt die Bundesregierung gerade hektisch alle juristischen Optionen prüfen, auch die der Befragung Snowdens in Moskau.

Die Kontroverse ist auch deshalb so heftig, weil die Koalitionsverhandlungen der Union mit der mehrheitlich dazu skeptischen SPD in einer heiklen Phase und damit leicht beeinflussbar sind. Ein von Merkels Beratern in Washington gerade vereinbartes gegenseitiges „No-Spy-Abkommen“ blieb bisher weitgehend unbeachtet.