Politik/Ausland

Historischer Deal mit linker Guerilla

Einen besseren Zeitpunkt für seinen Bogota-Besuch hätte sich der US-Vize-Präsident nicht aussuchen können. Nur einen Tag, nachdem sich Vertreter der linken Rebellengruppe FARC und der kolumbianischen Regierung in Kuba auf eine Agrar-Reform geeinigt hatten, traf Joe Biden am Montag in der Hauptstadt des Andenstaates ein. Dort herrschte Hochstimmung. „Wir feiern diesen fundamentalen Schritt, um den Konflikt nach einem halben Jahrhundert zu beenden“, hatte Präsident Juan Manuel Santos getwittert.

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Andere sprachen von einem historischen Moment, war doch die Landfrage der Hauptgrund, weshalb die FARC den bewaffneten Kampf aufgenommen hatte.

Der Kompromiss im Detail: Verteilung von Grund und Boden an arme Bauern; Rückgabe von illegal angeeignetem Land; Formalisierung von Ansprüchen – sprich: ein neuer Kataster; Schlichtungs-Mechanismus in Streitfällen; Verbesserung der Infrastruktur; Zugang zu Trinkwasser; Trainings und technische Assistenz für Kleinbauern.

„Nagelprobe“

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„Die Umsetzung des Pakets wird zur Nagelprobe“, sagt der gebürtige Kolumbianer Fredy Rivera, der für das Hilfswerk Austria seit Jahren in seiner Heimat Projekte vorantreibt. Sowohl die FARC als auch rechte Paramilitärs und Drogen-Barone hätten die fruchtbarsten Böden an sich gerissen und müssten diese nun zurückgeben. Und zwar an Kleinbauern, die oft vertrieben worden seien und sich mit nicht so rentablen Flächen begnügen müssten oder überhaupt als Flüchtlinge in den Städten gelandet seien. Doch das werde nicht einfach: Alleine 2012 seien 150 Bauern, die ihre Ländereien zurückgefordert hätten, ermordet worden, so Rivera zum KURIER.

Was den Insider besonders freut, ist die in dem Pakt festgeschriebene Akzentverschiebung in der kolumbianischen Landwirtschaft: „Weg vom Agro-Business, das auf die Produktion von Biosprit abzielt, hin zu einer kleinbäuerlichen Struktur. Doch auch das wird wohl nicht ohne Widerstände abgehen.“

Bis Jahresende wollen die Verhandler das Gesamtpaket festzurren, das auch die Entwaffnung der FARC, deren Teilnahme im politischen Prozess, die Drogen-Problematik und die Opfer-Entschädigung beinhalten soll.

FARC: Die „Revolutionären Streitkräfte“ sind die älteste und größte Rebellen-Gruppe Kolumbiens. 1964 ging sie in den Untergrund. Zuletzt war ihr Kampf weniger politisch motiviert. Es ging mehr um Drogenhandel und Lösegelderpressungen.

ELN: Die „Nationale Befreiungsarmee“ (ELN) ist die zweitgrößte linke Rebellen-Truppe. Auch sie entstand in den 1960er-Jahren, ist aber stärker intellektuell geprägt als die FARC.

Rechte Paramilitärs: Im Kampf gegen die linke Guerilla entstanden rechte paramilitärische Gruppen, die von der Regierung teilweise unterstützt wurden.