Politik/Ausland

Südsudan feiert als jüngster Staat der Welt 10. Geburtstag – in bitterer Armut

Hochtrabend waren die Erwartungen, doch erfüllt wurde kaum eine: Zehn Jahre nach dem Erhalt der Eigenstaatlichkeit gibt es de facto also gar nichts zu feiern: Denn im Südsudan war die erste Dekade der Souveränität geprägt von Krieg, Gewalt, Vertreibung und (für die allermeisten) von bitterer Armut.

Interne Machtkämpfe

Dabei begann am Unabhängigkeitstag (9. Juli 2011) alles mit großen Hoffnungen. Nach einem jahrzehntelangen Sezessionskrieg und einem eindeutigen Referendum für die Abspaltung vom mehrheitlich arabischen Norden (im Jänner 2011 stimmten 99 Prozent der Bevölkerung dafür) wollte die neue Nation durchstarten. Doch bald schon verstrickten sich die Machthaber in interne Kämpfe, die zwischen 2013 und 2018 mit intensiver Waffengewalt ausgetragen wurden.

„Es ging um Ressourcen, wobei sich dieser Streit entlang ethnischer Linien aufgebaut hat“, sagt Marcus Bachmann im KURIER-Gespräch. Der Österreicher war bei drei Einsätzen für „Ärzte ohne Grenzen“ insgesamt eineinhalb Jahre im Südsudan, eben auch zum Höhepunkt des Konfliktes.

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„Es war unglaublich brutal. Beide Seiten betrieben eine Politik der verbrannten Erde – buchstäblich. Die Menschen verloren von heute auf morgen ihre Lebensgrundlage: ihre Felder und ihr Vieh. Binnen Monaten gab es 1,2 Millionen Vertriebene.“

Macheten-Wunden

Die Helfer von „Ärzte ohne Grenzen“ hätten jede Menge Schuss- und Macheten-Wunden versorgen müssen, erzählt Bachmann, der auf einen weiteren Umstand hinweist, der sich bis heute nicht verändert hat: Jeder Zweite der an die 14 Millionen Südsudanesen hat keinen Zugang zur einfachsten Basis-Gesundheitsversorgung.

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Zwar schlossen die Bürgerkriegsparteien 2018 einen Friedenspakt, doch für die geplagte Zivilbevölkerung bedeutete das bloß eine kurze Atempause. Denn bald schon brach auch über den jüngsten Staat der Welt die Corona-Pandemie herein.

„Über die echten Fallzahlen kann man eigentlich keine Aussagen treffen. Offiziell gibt es kaum Infektionen, aber es wird auch kaum bis gar nicht getestet“, erläutert Marcus Bachmann.

Teure Lebensmittel

Er verweist auf die indirekten Folgen der Pandemie, die gravierend seien: Wegen der langen Grenzschließungen seien viel weniger Lebensmittel ins Land gekommen, das habe zu einer starken Preissteigerung dieser Produkte geführt, die Ernährungssituation vieler Südsudanesen, die zuvor schon prekär gewesen sei, habe sich weiter verschlechtert.

"Killer-Erkrankungen"

Wegen der knappen Mittel sei noch weniger Geld ins Gesundheitswesen geflossen, was sich bei „den echten Killer-Erkrankungen“ niederschlage. Damit meint Bachmann Malaria (ein Viertel aller Patienten von „Ärzte ohne Grenzen“), Atemwegs- sowie Durchfallerkrankungen. Zudem sei die Impfkampagne gegen Masern während der Corona-Krise aufgeschoben worden – Folge: Deutlich mehr Masernfälle.

All das wird die Politelite kommenden Freitag bei den Jubiläumsfeiern ausblenden und stattdessen auf nationalistisches Pathos setzen. Das ändert aber nichts daran, dass der Südsudan mit Burundi und Malawi zu den drei ärmsten Ländern der Welt zählt.