Johannes Hahn: Europas neuer Mann fürs Geld
Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte in Brüssel ihr neues Team vor.
Österreichs Mann in Brüssel wird dabei - einmal mehr - Johannes Hahn (ÖVP) sein. Er wird künftig das EU-Budget betreuen. Hahn übernimmt in seiner dritten Amtszeit in Brüssel diese Zuständigkeit sowie die Verwaltung, wie die EU-Kommission am Dienstag offiziell mitteilte. Er folgt als EU-Budgetkommissar dem Deutschen Günther Oettinger.
Hahn freut sich über die neue Aufgabe. Der Verantwortungsbereich "Budget und Administration" sei "ein Schlüsselressort für die Zukunft Europas", so Hahn. Das Budget ist für Hahn "in Zahlen gegossene Politik". Es werde ihm die Möglichkeit geben, die von den Staats- und Regierungschefs beschlossenen politischen Prioritäten umzusetzen, erwartet er sich.
Johannes Hahn - eine Karriere in Bildern
Finanzplaner mit schwieriger Aufgabe
Der ehemalige Novomatic-Manager (von 1997 bis 2003) Hahn zieht Jobs an, in denen es um viel Geld geht. Eigentlich wollte Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den Posten des Migrations- und Innenkommissars für seine kolportierte Wunschkandidatin, Karoline Edtstadler. Hahn verdankt es einem parteiübergreifenden Kompromiss und seiner langjährigen Erfahrung, dass er in Brüssel bleiben darf. Der ehemalige Chef der ÖVP-Wien und Wissenschaftsminister steht nun vor der Aufgabe, die reicheren EU-Staaten vom Mehrwert des EU-Budgets zu überzeugen.
Also auch Österreich, das sich wie Dänemark und die Niederlande gegen die Erhöhung seiner EU-Beiträge von 1 auf 1,114 Prozent wehrt. Der EU-Finanzrahmen von 2021 bis 2027 soll in den nächsten Monaten unter Dach und Fach gebracht werden. Ob sich das gesetzte Ziel vor Jahresende noch ausgeht, ist mehr als fraglich. Hahn spricht in diesem Zusammenhang von seiner "ersten großen Herausforderung". Ein zeitgerechter Budgetrahmen sei wichtig, um um "die EU-finanzierten Programme und Projekte rechtzeitig zu starten".
Bisher war Hahn (61) für die EU-Erweiterung und für die EU-Nachbarschaftspolitik zuständig. Die gesamte neue EU-Kommission muss nach Anhörung der EU-Kommissare noch vom Europaparlament bestätigt werden. Planmäßig soll Von der Leyens EU-Kommission am 1. November ihr Amt antreten.
Kritik an italienischem Wirtschaftskommissar
Der Italiener Paolo Gentiloni wird neuer Wirtschaftskommissar. Aus dem EU-Parlament kommt deshalb Kritik. "Dass nun ein Italiener den Problemstaat Italien überwachen soll, ist alles andere als eine ideale Konstellation", erklärte am Dienstag der CSU-Abgeordnete Markus Ferber.
Nach dem langjährigen Krisenstaat Griechenland ist Italien das am höchsten verschuldete EU-Mitglied. Die mittlerweile gescheiterte Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechtsradikaler Lega hatte sich in den vergangenen Jahren immer wieder wegen ihrer Haushaltsplanung und geplanter Neuverschuldung mit Brüssel angelegt.
Österreichs EU-Abgeordnete begrüßen Entscheidung
Die österreichischen EU-Abgeordneten freut es, dass Johannes Hahn das Budgetressort übernimmt. "Es wird auch an ihm liegen, im neuen Mehrjahreshaushalt von 2021-2027 die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen, damit Europa die großen Herausforderungen wie Digitalisierung, Klimaschutz, den Schutz der Außengrenzen und die Wettbewerbsfähigkeit der EU bewältigen kann", teilte ÖVP-Delegationsleiterin Karoline Edtstadler mit.
Die SPÖ-EU-Abgeordneten wollen mit Hahn im "Schlüsselressort" Budget "konstruktiv zusammenarbeiten": "Wo er proeuropäisch und im Sinne der EU-BürgerInnen arbeitet, kann er sich jedenfalls auf die Unterstützung der SPÖ verlassen", kündigten Delegationsleiter Andreas Schieder und EU-Mandatarin Evelyn Regner an.
Auch die EU-Delegationsleiterin der Grünen, Monika Vana, lobte Hahns "pro-europäische Haltung" und "besonnene, sachorientierte" Art. "Vom Kommissar aus einem militärisch neutralen Land erwarte ich mir jedoch auch, dass er den Milliardenfluss in den europäischen Rüstungsfonds kritisch hinterfragt und entsprechende Umverteilungsvorschläge zugunsten von sozial-und klimapolitischen Initiativen macht", fügte sie hinzu.
Schutz der "Europäischen Lebensart"
Von der Leyen will eine Kommission, die "entschlossen vorgeht" und "Antworten liefert" - so lautete die erste Ansage von Von der Leyen bei der Vorstellung der Zuständigkeiten ihrer EU-Kommissare am Dienstag in Brüssel. Für jedes neue Gesetz, jede neue Verordnung solle künftig eine bestehende Regelung gestrichen werden, erklärte sie.
Die neue EU-Kommissionschefin, die den Schutz des Klimas, der "Europäischen Lebensart" und der Demokratie in den Vordergrund stellte, kündigte an, dass in Zukunft papierlose "digitale Sitzungen" stattfinden werden und ihre Kommissare nicht hierarchieorientiert, sondern aufgabenorientiert auch in sogenannten "Clustern" zusammenarbeiten sollen.
Den acht Vizepräsidenten wird dabei die Rolle der Koordinierung der großen übergeordneten Bereichen zugeschrieben, wie zum Beispiel Frans Timmermans, der für den "Green Deal" in Europa zuständig sein wird. Bei der Auswahl der Vizepräsidenten sei auf die geografische Ausgewogenheit geachtet worden, betonte von der Leyen.
Ausgeglichenes Geschlechterverhältnis
Jeder EU-Kommissar solle in der ersten Hälfte seiner Amtszeit alle EU-Länder besuchen, wünscht die künftige Kommissionschefin. Es sei wichtig, nicht nur die Hauptstädte zu kennen, unterstrich sie. In der EU-Kommission ist jedes Land mit einem Kommissar vertreten, mit 13 Frauen und 14 Männern hat von der Leyen erstmals ein annähernd ausgeglichenes Geschlechterverhältnis erreicht. Der Europäische Rat hat die Namen bereits abgesegnet, nun muss noch das Europaparlament dem gesamten Kollegium und der Aufgabenverteilung noch zustimmen.
Die EU-Abgeordneten haben in der Vergangenheit bereits mehrmals Kommissarsanwärter abgelehnt und Nachnominierungen notwendig gemacht. Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn hat von der Leyen für seine dritte Amtszeit die Verantwortung für Budget und Verwaltung zugeteilt, er hat neben den Vizepräsidenten eine Sonderstellung. Als erfahrener und pragmatischer Kommissar gilt er als unumstritten.