Politik/Ausland

"Alan Kurdi": Malta lässt nun doch alle Flüchtlinge an Land

Malta hat dem deutschen Rettungsschiff "Alan Kurdi" offenbar das Anlegen erlaubt. Die 65 Flüchtlinge an Bord sollten dann allerdings umgehend auf andere Länder verteilt werden, teilte die Regierung der Mittelmeerinsel am Sonntag mit. Das Schiff der Hilfsorganisation Sea-Eye hatte am Samstagabend Kurs auf Malta genommen, da ihm auf der italienischen Insel Lampedusa das Anlegen untersagt worden war.

Zunächst hieß es, die Migranten sollen an Bord eines Schiffes der maltesischen Streitkräfte aufgenommen und nach La Valletta gebracht werden.

"Wir werden sicher gleich wieder weggeschickt"

 "Wir sind freudig überrascht", sagte Sea-Eye-Einsatzleiter Gorden Isler in einem Telefonat mit der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings sei das Schiff selbst noch nicht über die Entscheidung der maltesischen Behörden informiert worden. "Darauf warten wir jetzt", sagte Isler. Die Behörden Maltas hätten die Schiffsführung nur angewiesen, nach Gozo, der Nachbarinsel Maltas, zu fahren. "Das ist 50 Seemeilen entfernt und dauert etwa sieben Stunden", sagte Isler. Dort würden die Menschen vermutlich auf See vom maltesischen Militär übernommen und an Land gebracht. "Wir werden bestimmt nicht in den dortigen Hafen einlaufen dürfen. Wenn die Menschen von Bord sind, werden wir sicher gleich wieder weggeschickt", fügte der Einsatzleiter hinzu.

Alle Inhalte anzeigen

Keine Anfrage an Österreich

Österreich nimmt keine Migranten von dem Flüchtlingsschiff "Alan Kurdi" auf. Wie ein Sprecher des Innenministeriums der APA am Sonntagabend auf Anfrage mitteilte, habe es "keinerlei Anfrage" an Österreich gegeben. Zuvor hatten einige EU-Länder ihre Zustimmung gegeben, die 65 Flüchtlinge an Bord des deutschen Flüchtlingsschiffs aufzunehmen. Malta erlaubte dem Schiff daraufhin das Anlegen.

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer kündigte an, 15 bis 20 der Geflüchteten von der "Alan Kurdi" und bis zu 20 weitere von einem maltesischen Kriegsschiff in Deutschland aufzunehmen. Dies berichteten die Zeitungen der deutschen Funke Mediengruppe. Die maltesischen Behörden hatten demnach in einer separaten Aktion weitere 58 Migranten in Seenot im Mittelmeer gerettet, von denen die Hälfte nun ebenfalls auf andere EU-Länder verteilt werden soll

Drei Personen in "sehr schlechtem Zustand"

Die "Alan Kurdi" hatte heute Sonntag nach stundenlangem Warten vor der italienischen Insel Lampedusa Kurs auf Malta genommen. Malta wollte der "Alan Kurdi" zunächst aber keineswegs den Zugang in seine Hoheitsgewässer erlauben. Die Regierung hatte den Streitkräften angeordnet, "angemessene Aktionen" zu ergreifen.

Drei Migranten an Bord der "Alan Kurdi" waren bereits am Sonntagnachmittag evakuiert worden und auf Malta gelandet. Zuvor hatte sich die Lage auf dem Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation "Sea-Eye" aus Regensburg zugespitzt.

"Drei der Geretteten sind in sehr schlechtem Zustand. Sie sind stark abgemagert und geschwächt und müssen dringend zur medizinischen Behandlung an Land gebracht werden", sagte Sea-Eye-Einsatzleiter Gorden Isler in einem Telefonat mit der Deutschen Presse-Agentur. "Alle drei sind in der Hitze kollabiert." Zwei von ihnen seien Minderjährige. Das Schiff benötige dringend medizinische Unterstützung und einen sicheren Hafen, um Schlimmeres zu verhindern.

Die "Alan Kurdi" befindet sich seit Tagen auf einer Irrfahrt auf dem Mittelmeer. Kein sicherer Hafen wollte die 65 von einem überfüllten Schlauchboot vor der libyschen Küste geretteten Menschen an Land lassen. 

Menschen von "Alex" an Land gelassen

Noch ein zweites Rettungsschiff war am Wochenende auf der Suche nach einem Hafen: die "Alex" mit 41 aus dem Meer geretteten Menschen. Sie bekamen die Erlaubnis, in Lampedusa an Land zu gehen.

Das Schiff war am Samstag entgegen des Verbots Salvinis in den Hafen der italienischen Mittelmeerinsel von eingelaufen. Salvini hatte zunächst verkündet, er selbst würde nicht erlauben, dass jemand von der "Alex" an Land gelassen werde. Die Entscheidung, die Menschen an Land zu lassen, habe nun die Finanzpolizei zu Ermittlungszwecken getroffen. Sie untersteht dem Wirtschaftsministerium und nicht Salvinis Innenministerium.

Der relativ kleine Motorsegler "Alex" ist nur für 18 Menschen zugelassen. Es waren aber 60 Menschen an Bord.

Kurz: Gerettete nicht nach Europa bringen

ÖVP-Chef Sebastian Kurz kritisiert unterdessen, dass Hilfsorganisationen wie Sea-Eye und Sea-Watch im Mittelmeer gerettete Menschen nach Europa bringen. "Sie wecken damit nur falsche Hoffnungen und locken damit womöglich unabsichtlich noch mehr Menschen in Gefahr", blieb Kurz in der deutschen Welt am Sonntag bei seiner restriktiven Linie.

Europa solle sicherstellen, dass jeder, der sich illegal auf den Weg macht, in sein Herkunftsland oder in ein Transitland zurückgebracht wird, nur dann werde das Ertrinken im Mittelmeer enden.

Seehofer appelliert an "christliche Werte"

Am Wochenende sind wegen der "Alan Kurdi" die Spannungen zwischen Deutschland und Italien gestiegen. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hat seinen italienischen Amtskollegen Salvini aufgefordert, die Dauerkrise der Rettungsschiffe im Mittelmeer zu beenden. "Wir können es nicht verantworten, dass Schiffe mit geretteten Menschen an Bord wochenlang im Mittelmeer treiben, weil sie keinen Hafen finden", schrieb Seehofer  in einem Brief an Salvini.

Der deutsche Innenminister erklärte, für die aktuellen Seenotfälle seien rasche europäische Lösungen nötig. "Ich appelliere daher eindringlich an Sie, dass Sie Ihre Haltung, die italienischen Häfen nicht öffnen zu wollen, überdenken", fügte Seehofer hinzu. Wegen der gemeinsamen europäischen Verantwortung "und unseren gemeinsamen christlichen Werten" dürfe es im Einzelfall keinen Unterschied machen, durch welche Organisation Migranten aus dem Mittelmeer gerettet wurden, woher die Besatzung stammt und unter welcher Flagge das Schiff fährt.

Aufforderung an Seehofer

Zuvor hatte der italienische Rechtspopulist Salvini am Freitagabend an Seehofer geschrieben, Deutschland müsse Verantwortung für die Hilfsorganisation Sea-Eye übernehmen. Am Samstag gab der deutsche Innenminister bekannt, man werde einen Teil der Geretteten aufnehmen.