Politik/Ausland

Generalstreik in Hongkong: Widerstand im Geiste Bruce Lees

Flüge fallen aus, Straßen werden blockiert, mehrere U-Bahnlinien fahren nicht. Anhaltende Proteste und ein Generalstreik werfen Hongkong ins Chaos. Beobachter sehen in den anhaltenden Protesten die schwerste politische Krise Hongkongs seit der Rückgabe an China vor 22 Jahren. Auch in der neunten Woche der Proteste gibt es keine Anzeichen, dass sich die Bewegung abschwächt. Die Zentralregierung in Peking hat die Ausschreitungen mehrfach scharf verurteilt und die Regierung und die Polizei vor Ort aufgefordert, wieder Ordnung herzustellen.

Später am Tag sind Proteste in mehreren Bezirken angekündigt. Mindestens 24.000 Menschen aus 20 Sektoren wollen sich an dem geplanten Streik beteiligen, wie die Organisatoren mitteilten.

Streik legt Stadt lahm

In Hongkongs morgendlicher Hauptverkehrszeit kam es inzwischen am Montag zu erheblichen Verzögerungen, weil Demonstranten Teile des U-Bahn-Netzes und Straßen blockierten. Am Flughafen der Stadt mussten 200 Flüge gestrichen werden, da sich zahlreiche Mitarbeiter für den Streik krankgemeldet hatten. Die U-Bahn-Gesellschaft teilte mit, dass der Betrieb auf vier Linien wegen einer Reihe absichtlicher Türverstopfungen teilweise eingestellt worden sei. Bahn- und Busdienste wurden eingestellt. Demonstranten blockierten Gleise und Bahnhöfe. Auf den Straßen bildeten sich lange Staus. Pendler kamen nicht zur Arbeit.

Die Strategie von Bruce Lee

Die Polizei ging mit Tränengas gegen die Protestierer vor. 82 Menschen wurden festgenommen. Die Demonstrationen sollten im Laufe des Tages auf weitere Distrikte ausgedehnt werden. Laut Guardian sind im Laufe des Tages in Hongkong noch mindestens sieben Kundgebungen geplant. Außerdem haben die Demonstranten ihre Strategie geändert. Nach mehreren gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei, geht es darum die Demotreffpunkte relativ schnell wechseln zu können, um einem Aufeinandertreffen mit den Sicherheitskräften aus dem Weg gehen zu können. Laut der britischen Tageszeitung folgen die Organisatoren damit einem Mantra von Bruce Lee: "Sie sind ein Stein, deswegen müssen wir wie das Wasser sein."

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Lam kritisiert Demonstranten scharf

Zeitgleich mit dem Beginn des großen Streiks hat Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam die anhaltende Gewalt bei Demonstrationen in der Stadt scharf verurteilt. Die Proteste, die seit Wochen andauern, hätten "an den Rand einer sehr gefährlichen Situation gebracht", sagte Lam am Montag auf einer Pressekonferenz.

Die Regierung werde entschlossen dabei vorgehen, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten und das Vertrauen wiederherzustellen, so Lam. Aktionen der Demonstranten, die zuvor etwa das Verbindungsbüro Chinas in Hongkong mit Eiern und Farbe bewarfen und eine chinesische Nationalflagge im Hafen versenkt hatten, bezeichnete Lam als "eine Herausforderung" für das Prinzip "Ein Land, zwei Systeme", wonach Hongkong als chinesische Sonderverwaltungszone autonom regiert wird. Wohlstand und Stabilität stünden auf dem Spiel.

Proteste gegen Regierung

In der Finanzmetropole kommt es seit fast zwei Monaten zu Kundgebungen mit Hunderttausenden Teilnehmern. Wiederholt kam es zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Hongkongs Regierungschefin Lam hat das Gesetz zur Auslieferung mutmaßlicher Krimineller an China, das den Anlass für die Proteste gegeben hatte, mittlerweile zwar für "tot" erklärt. Die Proteste haben sich aber zu einer breiteren Bewegung gegen die Regierung und das harte Vorgehen der Polizei entwickelt. Viele Menschen befürchten zudem einen zunehmenden Einfluss Pekings und fordern demokratische Reformen.

Erneut erklärte Lam am Mittwoch, dass sie und die Regierung Fehler im Zusammenhang mit dem Gesetz gemacht hätten. "Ich übernehme die Verantwortung für das, was wir gemacht haben, weil ich die Regierungschefin bin." Einen Rücktritt, der von Demonstranten seit Wochen gefordert wird, lehnte Lam aber ab.

Die frühere britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" autonom regiert. Anders als die Menschen in der Volksrepublik genießen die Hongkonger das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit.