Politik/Ausland

FDP sucht Parteichef und Profil

Der schwer angeschlagene FDP-Chef hat die wohl letzte Gelegenheit für eine große Verteidigungsrede nicht genutzt. Auf der seit fast 150 Jahren üblichen Selbstermutigungsveranstaltung der deutschen Liberalen ging Rösler stark ins Grundsätzliche und weg von der Tagespolitik. Erst am Schluss ermahnte er die immer mehr werdenden Zweifler, die die Existenzkrise der FDP seiner Führungsschwäche anlasten: „Glaubwürdigkeit ist immer auch eine Frage des Stils, von Fairness und Solidarität“.

Die eine Stunde lange, frei gehaltene Rede von Merkels Wirtschaftsminister konnte die Partei nicht begeistern. Trotz des offenbar von einem Parteifremden platzierten Zwischenrufs „Sie Arschloch“, der danach zu Solidaritätsbekundungen führte. Schuld daran waren auch zwei starke Vorredner.

Fraktionschef Rainer Brüderle riss wie immer die Partei mit: Wie im Bundestag war er der mit den griffigsten und angriffigsten Formulierungen auf den politischen Gegner, vor allem die Grünen. Solidaritätsbekundungen Brüderles, der als Favorit für die Nachfolge des erst 2011 zum Parteichef gewählten Rösler gilt, hielten sich in betont höflichen Grenzen.

Offen für Ablöse

Dirk Niebel, als Entwicklungshilfeminister eines der vier anderen FDP-Mitglieder in Merkels Kabinett, plädierte offen für einen möglichst frühen Parteitag. Ohne sie auszusprechen, meinte er damit die Ablöse Röslers. Der Termin solle nicht vom Ergebnis der Wahl in Niedersachsen am 20.Jänner abhängig sein.

Mit ihren Umfragewerten am Dauertief von vier Prozent droht die FDP im Landtag in Hannover so an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern wie im September erstmals im Bundestag. Bisher galt Röslers Verbleib an der Parteispitze bis dahin als wahrscheinlich, wenn die FDP in Niedersachsen doch im Landtag bleiben sollte.

Aber auch der Übervater der Partei, der langjährige Parteichef und Außenminister Hans-Dietrich Genscher, rückte nun von Rösler ab.

Dass dessen Dilemma auch das unklare Parteiprofil zwischen liberalen Grundsätzen und Koalitionstreue in dem nach links wandernden öffentlichen Meinungsklima ist, wurde auch auf der Propaganda-Veranstaltung kaum thematisiert.