Politik/Ausland

Draghi gewann Vertrauensabstimmung in der Abgeordnetenkammer

Italiens Premier Mario Draghi hat die letzte Hürde im Parlament bewältigt und kann jetzt seinen Regierungskurs aufnehmen. Der 73-jährige Ökonom gewann am Donnerstagabend die Vertrauensabstimmung in der Abgeordnetenkammer mit 535 Ja-Stimmen und 56 Gegenstimmen. Fünf Abgeordneten enthielten sich der Stimme.

Da er bereits am Mittwoch das Vertrauensvotum im Senat bewältigt hatte, kann Draghi jetzt mit seiner Arbeit beginnen. Seine Regierung stützt sich auf eine breite Mehrheit aus allen stärksten im Parlament vertretenen Parteien mit Ausnahme der Rechtskraft "Fratelli ́d ́Italia" (FdI/Brüder Italiens).

Am vergangenen Samstag hatte Staatschef Sergio Mattarella den gebürtigen Römer und sein Kabinett aus Berufspolitikern und parteilosen Experten vereidigt. Die italienische Verfassung schreibt vor, dass sich die Regierung binnen zehn Tagen Vertrauensabstimmungen in beiden Kammern des Parlaments stellen muss.

Fünf Sterne gespalten

Die Fünf-Sterne-Bewegung, Italiens stärkste Regierungspartei, hat sich bei der Vertrauensabstimmung in der Abgeordnetenkammer am Donnerstagabend wie bereits im Senat am Vortag gespalten. 16 Fünf Sterne-Abgeordnete trotzten den Parteianweisungen und stimmten gegen die Regierung Draghi, vier Mandatare enthielten sich der Stimme, weitere 12 beteiligten sich nicht an der Abstimmung. Auch sie könnten wie bereits ihre 15 Kollegen im Senat aus der Gruppierung ausgewiesen werden.

Der Bruch ist durchaus schmerzhaft, denn gegen die Regierung Draghi stimmten im Senat zwei Spitzenpolitiker der Bewegung, wie der Präsident der parlamentarischen Anti-Mafia-Kommission, Nicola Morra, der zu den Mitbegründern der "Cinque Stelle" zählt, sowie die Ex-Ministerin für Süditalien, Barbara Lezzi.

"Wir übernehmen Regierungsverantwortung im Interesse der Italiener. Die Parlamentarier, die der Regierung das Vertrauen verweigert haben, werden ausgeschlossen", sagte der Interimschef der Fünf Sterne Vito Crimi.

Nicola Morra schloss aus, dass die "Rebellen" unter den Fünf Sterne-Parlamentarier eine eigene Fraktion gründen könnten. "Ich fühle mich durch und durch noch Mitglied der Bewegung", versicherte Morra.

Seit der Online-Konsultation auf der Plattform Rousseau, bei der sich die Parteiaktivisten am Freitag mit 59 Prozent für die Beteiligung an einer Draghi-Regierung ausgesprochen hatten, liegt der Haussegen in der Bewegung schief. Als Debakel für die Parteiführung gilt, dass als Ressortchef des neu eingerichteten "Superministeriums für den ökologischen Wandel" mit ausgedehnten Kompetenzen im Energiebereich der parteilose Fachmann Roberto Cingolani bestimmt wurde. Dies wird als schwere Niederlage für die ökologisch ausgerichtete Bewegung interpretiert, die das neue Ministerium vorgeschlagen hatte.

Vielen Mitgliedern der als Anti-Establishment-Bewegung gegründeten Partei fällt die Unterstützung einer Regierung unter dem früheren EZB-Präsidenten nicht leicht. Der Fünf-Sterne-Hardliner Alessandro Di Battista kündigte am vergangenen Freitag aus Protest gegen die Regierung Draghi seinen Austritt aus der Partei an. Mehrere Parteikollegen teilen seine Ansicht. Für Kritik sorgen in der Bewegung auch die drei Minister aus den Reihen der konservativen Forza Italia von Silvio Berlusconi.