Politik/Ausland

Britische Geisel: "Ich wurde aufgegeben"

Dieses Mal ist es keine Geisel, die im Sand kniend darauf warten muss, dass ihm der schwarz vermummte IS-Terrorist an seiner Seite den Kopf abschneidet. Dieses Mal sitzt der Gefangene, der britische Fotograf John Cantlie, in einem Studio und spricht ruhig in die Kamera, als ob er durch eine Dokumentationssendung führen würde.

In ihrem neuesten Video verzichtet die radikal-islamische Terrororganisation IS ("Islamischer Staat") erstmals auf barbarische Hinrichtungsszenen, missbraucht aber ihre Geisel zu einem Propagandacoup. "Ja, ich bin ein Gefangener, das kann man nicht leugnen", sagt Cantlie emotionslos, "und ich wurde von meiner Regierung aufgegeben."

Unaufgeregt kündigt der Brite weitere Videos an, in denen er die Vorgehensweise der IS erklären werde und, "wie die westlichen Medien die Wahrheit manipulieren".

Seit zwei Jahren befindet sich der Brite in der Gewalt der IS-Terroristen. Seine Familie hatte die britischen Sicherheitskräfte gebeten, Cantlies Namen geheim zu halten, um seine Sicherheit nicht zu gefährden. Besonders tragisch: Schon einmal war der Fotograf in Syrien entführt worden, kam aber nach einer Woche wieder frei. Im November 2012 jedoch wurde er – zusammen mit dem US-Journalisten James Foley – abermals entführt. Foley ist mittlerweile tot – als erste westliche Geisel war der Amerikaner vor laufender Kamera enthauptet, das Video davon anschließend ins Netz gestellt worden.

Dutzende Geiseln

Noch immer hat der IS mindestens zwei Dutzend westliche Geiseln in seiner Gewalt. Als in der Vorwoche die britische Geisel David Haines getötet wurde, präsentierte der IS bereits sein potenzielles Hinrichtungsopfer – einen britischen Entwicklungshelfer.

Auch 49 türkische Geiseln, die beim Fall der Stadt Mossul verschleppt wurden, befinden sich seit Juni in den Händen des IS. Aus Sorge um das Schicksal ihrer Landsleute hält sich die Regierung beim international koordinierten Vorgehen gegen den IS zurück. Doch die Ängste vor einem Terroranschlag in der Türkei nehmen zu: Mindestens 2000 Türken sollen in den Reihen der IS mitkämpfen. Und viele Islamisten, so berichten türkische Medien, sollen ungehindert immer wieder die Grenze zur Türkei passieren und hier sogar ihr weiteres Vorgehen planen. Der türkische Geheimdienst habe längst die Kontrolle verloren.