Anti-Kriegs-Stimmung in Frankreich: Präsident Hollande isoliert
Von Danny Leder
Selten noch war in Frankreich die Bevölkerung derartig skeptisch und unmotiviert gegenüber einem möglichen Militäreinsatz wie zurzeit in Bezug auf die von Francois Hollande angestrebte Teilnahme an einer Strafaktion gegen das syrische Regime. Der sozialistische Staatschef hatte sich unmittelbar nach dem jüngsten Giftgaseinsatz in Syrien als entschlossenster Verbündeter der USA und sogar Vorreiter für eine Operation profiliert. Kritiker sahen darin einen eher leichtfertigen Versuch, an den Erfolg der französischen Blitzkampagne gegen die Dschihadisten-Verbände in Mali am Anfang des Jahres anzuknüpfen. Und damit auch wieder Einfluss für das noch immer wirtschaftlich schwächelnde Frankreich einzustreichen und seine eigene, angeschlagene Autorität aufzurichten.
Alleingang ausgeschlossen
Jetzt, nach Ausscheiden Großbritanniens und noch mehr seit US-Präsident Obama, die Entscheidung auf das Votum des Kongresses abgeschoben hat, wirkt Hollande isoliert und hilflos. Ein militärischer Alleingang Frankreichs wird auch im Kreis um den Präsidenten ausgeschlossen. Hollande baumelt also vorerst an der amerikanischen Entscheidung, was in keinem westeuropäischen Land, und schon gar nicht in Frankreich, als besonders prestigeträchtig erscheint.
Gleichzeitig hat der syrische Präsident Assad in einem Interview im Pariser Blatt Figaro, in seiner üblichen, unterschwelligen Art gedroht, es werde „Auswirkungen, wohl gemerkt negative, auf Frankreichs Interessen“ geben. Was das bedeutet, weiß die französische Öffentlichkeit nur zu gut: 1983 waren bei einem Anschlag durch Verbündete Syriens im Libanon gegen Stützpunkte multinationaler Truppen 58 französische Soldaten getötet worden. Zurzeit stehen 900 französische UN-Soldaten im Südlibanon in Reichweite der Damaskus-treuen Hisbollah-Miliz.
Mehrheit gegen Militäraktion
Schon zuvor hatten sich bei einer Umfrage 64 Prozent der Franzosen gegen eine Militäraktion ausgesprochen. Bekräftigt wird diese Stimmung durch die Haltung der Politiker: sieht man einmal von der Regierungsspitze ab, hat man den Eindruck, dass auch die Befürworter einer Militäraktion, quer durch die moderaten Großparteien, im Grunde genommen unsicher sind und ähnlich wie Obama die Entscheidung auf eine Parlamentsvotum abschieben wollen.
Dieses ist zwar laut Verfassung und Usus bei einem Kriegsentscheid des Staatschefs in Frankreich nicht vorgeschrieben, wird aber jetzt in Regierungskreisen auch nicht mehr ausgeschlossen. Präsident Hollande sieht sich freilich am längeren Ast, weil er davon ausgeht, dass der Westen letzten Endes um einen Einsatz in Syrien nicht umhin kommen wird. Wobei er sich bereits auf einen bedeutenden Kern der SP-Wähler, und darunter viele französische – sunnitische – Muslime, stützen kann, die die Tatenlosigkeit angesichts der Massaker in Syrien nur schwer verkraften.