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Massentests: Auftragsvergabe vor dem Verwaltungsgericht

Die umstrittene Vergabe über zehn Millionen Antigentests für die bevorstehenden Massentestungen beschäftigt jetzt auch das Bundesverwaltungsgericht. Wie der KURIER berichtete, besteht der Verdacht, dass die Beschaffung vergaberechtlich nicht korrekt abgelaufen sein könnte. Das Auftragsvolumen beträgt mehr als 67 Millionen Euro, die Zuschläge erhielten IFMS Med, Siemens Healthcare Diagnostics und Roche. Im Fokus steht die Gesellschaft für Bundesbeschaffung (BBG), die das Verteidigungsministerium unterstützte.

Kathrin Hornbanger, Vergaberechts-Expertin von Baker McKenzie, brachte für einen ausgebooteten Mitbieter am Montag einen Nachprüfungsantrag ein. Der Großauftrag wurde ohne offene Ausschreibung durchgeführt, sondern über ein intransparentes Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung.

Dafür müssen aber Ausnahmegründe vorliegen. Die BBG begründet ihr Vorgehen mit hohem Zeitdruck. Es könne nicht argumentiert werden, dass die Notwendigkeit der Durchführung dieser Antigentests nicht vorhersehbar war, von „äußerster Dringlichkeit“ könne in keiner Weise gesprochen werden, heißt es im Antrag. Die Angebotsfrist von nur 14 Stunden sei ebenso unklar wie die Frage, ob Firmen zur Nachbesserung aufgefordert wurden. Roche wurde, heißt es im Antrag, „offenbar zur Legung eines Zweitangebotes eingeladen“. Der Schweizer Pharmakonzern erhielt einen Auftrag über vier Millionen Tests zum Stückpreis von 7,805 Euro brutto. Darüber hinaus bestellten weitere öffentliche Körperschaften über die BBG Tests um knapp 20 Millionen Euro.

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Ebenso wird kritisiert, dass die sehr unterschiedliche Wirksamkeit der Antigentests nicht berücksichtigt worden sei. Die sogenannte Nachweisgrenze (Limit of Detection), die festlegt, ab welcher Viruslast der Test auch tatsächlich ein positives Ergebnis anzeigt, sei nicht abgefragt worden.

Wien schreibt offen aus

Jörg Leichtfried, Vize-Klubchef der SPÖ, spricht von „massiven Mehrkosten für die Steuerzahler von 30 Millionen Euro“. Mitverantwortlich sei Bundeskanzler Sebastian Kurz durch seine „überhastete Ankündigung der Massentests“.

Neos-Sozialsprecher Loacker weist darauf hin, dass die Roche-Tests aus Südkorea stammen. Die Neos brachten zum Beschaffungsvorgang am Montag eine Anfrage an das Verteidigungsministerium ein. Sie betonen, dass der Wiener Gesundheitsverbund im Gegensatz zur BBG ein offenes Vergabeverfahren (mit verkürzten Fristen) durchführt.

Ein Chirurg berichtete dem KURIER, er habe für seine Praxis eine Kleinmenge zum Stückpreis von 6,30 Euro netto bezogen. Ab 500.000 Stück biete dieselbe Firma zu 4,20 Euro an, Lieferzeit 5 bis 7 Tage.

andrea hodoschek

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