Die Welt im DIN-A6-Format: Urlaubsgrüße auf Karton
Von Marco Weise
Bald bin ich weg. Urlaub. Es geht nach Italien. Dort werde ich mir an einem Strandkiosk Postkarten kaufen, die ich dann unter Einfluss von Sonnenuntergang-Romantik und einigen Sprizz gestalten werde. Verschickt werden die Grüße aus Bella Italia an Freunde und Familie, denen ich damit hoffentlich eine Freude mache. Wenn nicht, auch egal. Sie werden weiterhin Post von mir bekommen, denn ich liebe es, Ansichtskarten zu schreiben. Klar verschicke ich auch Bilder über Whatsapp, aber eine handgeschriebene Postkarte ist etwas anderes, etwas Persönliches, Kreatives.
Sich im Urlaub ein bis zwei Stunden hinzusetzen und mehr als „Das Wetter ist gut, das Essen super“ zu schreiben, ist übrigens auch ein guter Beitrag zur Entschleunigung.
Ich fische aber auch selbst gerne Karten aus dem Postkasterl, habe bereits Urlaubsgrüße aus Caorle, New York, Hamburg, den Malediven, Thailand und diversen griechischen Inseln erhalten. Oft geistreiche Zeilen, hin und wieder mit kleinen Zeichnungen, Fett- oder Kaffeeflecken versehen. So eine Karte macht ja einiges mit, begleitet einen oft tagelang durch den Urlaub, weil nie ein Briefkasten da ist, wenn man ihn braucht.
Die Postkarten, die ich zu Hause in einer Schachtel aufbewahre, sind auch mit Erinnerungen verknüpft. Ich erinnere mich an Menschen, die aus meinem Leben verschwunden sind, denke an Orte, die ich gerne sehen würde, und lache über die Zeilen des Verfassers, der Verfasserin. Auch im Lockdown habe ich eine Karte bekommen – von meiner Postkartenfreundin Katja, verfasst in ihrer Wohnung in Wien. Es waren berührende Zeilen aus ihrem „Urlaub“ auf der „Quarantäne-Insel“. Falls Sie schon länger keine Urlaubsgrüße mehr bekommen haben, liegt das vielleicht an Ihnen. Denn nur wer Postkarten sät, wird auch Postkarten ernten.