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Wenn die Kasse nur das künstliche Gebiss zahlt ...

Die angebliche Gratis-Gesundheitsversorgung in Österreich hat viele Selbstbehalte

Dr. Martina Salomon
Österreichs Gesundheitssystem

Das leiseste Regierungsmitglied hätte eigentlich allen Grund, besonders laut zu trommeln: Relativ unbemerkt von der breiteren Öffentlichkeit hat Gesundheitsminister Alois Stöger die als unsanierbar geltenden Krankenkassen in die schwarzen Zahlen geführt (was nicht nur auf sein Geschick, sondern auch auf den Beschäftigten- und damit Zahlerrekord zurückzuführen ist). Bis auf die Wiener Kasse sind alle schuldenfrei, und bis auf die SVA der gewerblichen Wirtschaft haben alle einen Überschuss erwirtschaftet. Technisches Zahlenwerk, wen interessiert das schon? Sollte es aber.

Immerhin gibt dies der Gesundheitsversicherung Spielraum für neue Leistungen. Denn auch wenn das heimische System gern als weltbestes gepriesen wird: In manchen Bereichen sind wir durchaus Steinzeit, zum Beispiel bei der Zahngesundheit. Wer hier selbst oder bei seinen Kindern gröbere Probleme hat, kann gleich den Gegenwert eines Mittelklassewagens auf die Seite legen. Zahnspange, Zahnersatz, Brücken? Alles weitgehend selbst zu berappen.

Die angebliche Gratis-Gesundheitsversorgung in Österreich hat viele Selbstbehalte, nirgendwo sind sie so eklatant wie beim Zahnarzt. Die Kasse zahlt den Standard aus den Fünfzigerjahren und bestenfalls ein künstliches Gebiss, basta. Aber das ist schon lange nicht mehr neuester medizinische Standard. Kein Wunder, dass viele Österreicher für Implantate und andere aufwendige Behandlungen lieber zu den deutlich billigeren ungarischen Ärzten jenseits der Grenze ausweichen. Immerhin lässt Minister Stöger einige dieser Leistungen mittlerweile auf Kassenkosten in Zahnambulatorien anbieten. Aber davon profitiert nur ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung. Das alles zusammen hat nun auch die Ärztekammer auf den Plan gerufen. Sie hat sich dazu aufgerafft, solche Behandlungen als generelle Krankenkassenleistung einzufordern (obwohl das den Verdienst der Zahnärzte schmälern könnte). In der vergangenen Woche wurde eine Kampagne unter dem Titel „ZahnSteinZeit“ angekündigt.

Solche neuen Kassenleistungen werden Geld kosten - das an anderer Stelle durchaus eingespart werden könnte; indem man zum Beispiel den eCard-Missbrauch abstellt, der von der offiziellen Gesundheitspolitik bestritten wird. Die Karte müsste nur einen digitalen Fingerprint enthalten und wäre so auch als Bürgercard besser einsetzbar. Ein Foto sei zu teuer, wird behauptet – das geht aber bei jedem Ski-Pass. Eine zweifelsfreie Identitätsfeststellung garantiert ohnehin nur der Fingerabdruck. Allein 2012 wurden 200.000 (!) Karten als gestohlen oder verloren gemeldet und ohne Federlesens neu ausgestellt.

Die eCard ist im Grunde eine staatliche Einladung zum Missbrauch von Versicherungsleistungen, während bei anderen Gesundheitsleistungen – etwa der psychologischen Betreuung, selbst von kranken Kindern, – das System knausert. Wetten, dass fälschungssichere eCards Geld sparen würden? Geld, das für neue Leistungen gebraucht wird, auch wenn die Kassen – u. a. dank versteckter Selbstbehalte – bald gänzlich schuldenfrei sind.