Meinung/Kommentare/Salomonisch

Verkehrte Verkehrspolitik

Siehe das Wiener Media Quarter. Alle diskutieren, ob der ORF dorthin übersiedeln soll. Doch (fast) niemand redet über eines der Kernprobleme: Das Areal der alten Schlachthöfe hätte sogar Potenzial, ein cooler Medien-Standort zu werden. Aber nur, wenn die U-Bahn mittendrin hält. Daran hat jedoch leider niemand gedacht. Solche Fehlplanungen haben Methode, man betrachte nur den kompletten Neubau des Zentralbahnhofs (samt erdrückender Bürosilos rundherum). Zur U-Bahn am Südtiroler Platz wird man künftig einen ziemlichen Fußmarsch zurücklegen müssen. Dabei wäre eine eigene Station logisch gewesen. Plus eine superschnelle Verbindung zum Flughafen sowie nach Bratislava.

Aber wer will schon in europäischen Regionen denken, wenn es nicht einmal möglich ist, Landesgrenzen zu überwinden – etwa zwischen Wien und Niederösterreich? Umlandgemeinden großer Städte locken die Familien zum Shoppen und Wohnen auf die grüne Wiese und ruinieren damit die autolos erreichbare Nahversorgung. Um eine Anbindung mit Bahn und Bus möge sich dann bitte die öffentliche Hand kümmern. Tut sie aber oft nicht, deshalb fährt zum Beispiel die U1 in Wien-Favoriten nicht weiter als die Pferde-Bahnlinie auf derselben Strecke vor 120 Jahren.

In der Bundeshauptstadt versucht man nun, die Autos aus der Stadt zu verdrängen. Kein unvernünftiges Projekt, wenn man es nur professionell anginge. So sind, Überraschung!, die öffentlichen Verkehrsmittel jetzt bummvoll. Darauf waren die Stadtverantwortlichen aber echt nicht vorbereitet. Kürzere Intervalle? Dafür gibt’s kein Geld, auch wenn Parkraum dramatisch verteuert und verknappt wurde. Wer A sagt, muss auch B sagen und endlich ernsthafte Verkehrs- und Raumplanung ohne Rücksicht auf anachronistische Gemeinde- und Landesgrenzen betreiben.