Meinung/Kommentare/Innenpolitik

Vorsichtl & Rücksichtl dürfen nicht regieren

Wer ein Déjà- vu hat, soll sich nicht wundern.

Karin Leitner
über eine SPÖ-ÖVP-Neuauflage

Eines steht so gut wie fest: SPÖ und ÖVP werden nach der Wahl wieder miteinander regieren – mangels einer alternativen Zweier-Mehrheit im Parlament. Und weil weder der eine noch der andere einen Dritten im Bunde will. Nicht nur der Kanzler verspricht alles Gute und Schöne für den Fall, dass man seiner Partei die Stimme gibt. Das tut auch Vizekanzler Spindelegger für die ÖVP. Beide stellen neue Jobs in Aussicht; Spindelegger gar 420.000 bis 2025. Weniger Staatsbürokratie soll dabei helfen. Wer ein Déjà- vu hat, soll sich nicht wundern. Eine große Verwaltungsreform hat auch diese Koalition angekündigt: 2008. Die Aufgaben von Bund und Ländern sollten neu verteilt werden. Effizienz war das Gebot. Das Ergebnis ist erbärmlich; selbst im überreglementierten Schulbereich. Erst jetzt wurde beschlossen, die Bezirksschulräte abzuschaffen. Angesichts der Budget- und Schuldenlage ist das finanzieller Pipifax; es bringt 5,5 Millionen Euro.

Essenzielles ist bis dato am Vorsichtl und Rücksichtl gescheitert. Die gesamte Regierung geht vor Landeshauptleuten und Standesvertretern in die Knie. So auch in Sachen Arbeitszeit, die Spindelegger für Unternehmen flexibilisieren will. Skurril ist: Handelsangestellte etwa müssen ab jetzt theoretisch jeden Samstag werken – und bei den Lehrern ist schon das Begehr nach zwei Stunden mehr pro Woche trotz höherem Einstiegsgehalt ein Tabu. Wer die Privatwirtschaft von Auflagen entfesseln will, muss auch den öffentlichen Apparat entschlacken. Und er muss die Kraft haben, Eigennutz in den eigenen Reihen hintanzustellen. Nimmt sich die neue alte Regierung in der Hinsicht nicht ernst, wird sie auch von den Bürgern nicht ernst genommen.