Orbán & Co in die Schranken weisen
Wer zur Missachtung von Demokratie und Freiheit in EU-Staaten schweigt, macht sich mitschuldig.
über Viktor Orbán
Was ist eigentlich los in Ungarn? In dem Land, das 1989 den Eisernen Vorhang zerschnitt und damit das Ende des kommunistischen Totalitarismus in Osteuropa besiegelte, herrscht ein neues Zeitalter – "illiberale Demokratie" heißt das System, das Regierungschef Viktor Orbán modellhaft durchsetzen will. Was das bedeutet, kann der interessierte europäische Bürger tagtäglich erfahren: Orbán beschneidet Medien, lässt Korruption gewähren, missachtet auf zynische Weise EU-Prinzipien und lässt ein Gesetz durchpeitschen, welches den Fortbestand der weltoffenen Central European University gefährdet. Orbán erklärt deren Financier, George Soros, zum Staatsfeind und unterstellt ihm, bewusst Migranten nach Europa zu locken.
Völlig unbeachtet von seinen Freunden der Europäischen Volkspartei (EVP) verglich Orbán in seiner Rede beim EVP-Kongress auf Malta Flüchtlinge mit Ameisen.
Nicht vom parteipolitischen, sondern vom demokratiepolitischen Standpunkt ist es völlig unerklärlich, warum Europas Christdemokraten Orbán seit Jahren gewähren lassen (siehe Artikel Seite 9). Durch ihr beharrliches Schweigen ermuntern sie ihn, ein autoritäres Regime aufzubauen. Sie signalisieren damit, dass alles geht und verbriefte Werte des gemeinsamen Miteinander und erkämpfte Freiheit nichts mehr zählen.
Keine Frage, Orbán-ähnliche Politiker gibt es auch unter Europas Sozialdemokraten (ein Beispiel ist Rumäniens Ex-Premier Victor Ponta).
Aber für alle gilt: Sagen Europas führende Politiker und auch Teile der Zivilgesellschaft nichts zu Orbán & Konsorten, machen sie sich zu Komplizen für den Verfall der Demokratie.