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Handle klug und bedenke die Folgen

Den Demonstranten geht es um eine Lösung für ihre persönliche Zukunft

Peter Rabl
über Asylpolitik

Wer könnte den Mann nicht menschlich verstehen. Nach jahrelanger Flucht möchte er in einem Land bleiben können, um ein „möglichst gutes Leben zu leben“. Aber Österreich wird dieses Land trotz seines Hungerstreiks in der Votivkirche wohl nicht sein. Sein Asylantrag wurde in zwei Instanzen in flotten dreieinhalb Monaten rechtskräftig und gesetzeskonform abgelehnt, binnen 14 Tagen muss er raus aus dem Land.

Wäre er ein Einzelfall, müsste man für ihn und viele seiner Mit-Demonstranten ein humanitäres Bleiberecht fordern. Aber es gibt weltweit viele Millionen solcher Armutsflüchtlinge. Jede Ausnahme für ein paar Dutzend droht in Folge als Einladung für unzählige Nachahmer, die ebenso in Not und Verzweiflung durch die Welt irren, missverstanden zu werden.

Den Demonstranten geht es um eine Lösung für ihre persönliche Zukunft. Das organisatorische Netz dahinter aber will in Österreich und in Europa das Asylrecht aushebeln. „Refugee Camp“ heißt es in Wien, „Refugee Tent“ nennt sich die Bewegung in Deutschland und anderen westeuropäischen Staaten.

Ein deutscher Aktivist mit anarchistischem Hintergrund gehört zu den führenden Organisatoren. Ihm und einigen links-grünen Wiener Kombattanten wirft der allzeit milde Caritasdirektor Landau ungeschminkt vor, die Asylwerber „für ihre politischen Ziele zu nützen“.

Legitime Forderungen erfüllen

Diese Hintermänner der Demonstration vor und in der Votivkirche formulierten für die Asylwerber anfangs so irreale Forderungen, dass selbst die humanitär leicht erregbare Community bald zunehmend auf Distanz ging.

Politisch bezeichnend dabei, wie sich die grüne Parteispitze in Bund und Stadt dem rabiaten Aktionismus etlicher linker Parteifreunde ostentativ verweigert.

Jetzt bleiben tatsächlich zwei Forderungen, die mit Vernunft und gutem Willen der Politik erfüllbar sind und rasch erfüllt werden müssen.

Keinem Asylwerber, auch keinem zur Abschiebung festgehaltenen, darf eine ordentliche und menschenwürdige Unterkunft verweigert werden. Der Hinweis auf die weit schlimmeren Verhältnisse in den Herkunftsländern ist zynisch, der Maßstab müssen heimische Standards sein. Und es muss mehr Asylwerbern in mehr Berufen möglich gemacht werden, einer sinnvollen Arbeit nachzugehen.

Alles andere, das in Wahrheit auf den Erwerb eines Bleiberechtes für Armutsflüchtlinge zielt, ist angesichts des weltweiten Elends und der Millionen daraus Fliehenden gefährlich naiv und kurzsichtig. Auch im gesellschaftspolitischen Sinn. Angesichts der großen Mängel bei der Integration bereits hier lebender Immigranten wäre eine regellose Zuwanderung nicht ertragbar.

Auch in dieser besonders schwierigen, weil humanitär oft so tragischen Problematik gilt das alte römische Wort: Was immer du tust, handle mit Klugheit und bedenke alle Folgen.