Es ging um Emotion, nicht um Reformen
Die Regierungsspitze muss sich des Flüchtlingsthemas annehmen und Fakten sprechen lassen.
über die Landtagswahlen
Genügt es wirklich, Plakate mit Schlicht-Slogans zu kleben ("Wohnungen statt Moscheen") oder einen Ego-Shooter aus einem Videospiel vor einer idyllischen Landgemeinde zu zeigen und mit "Drogenasylanten" zu betiteln? Dazu einen weitgehend unbekannten Herrn als Spitzenkandidaten – und schon ist ein knappes Drittel der steirischen Wähler begeistert bei der FPÖ? Es sieht so aus, aber so einfach ist das steirische Wahlergebnis doch nicht zu analysieren.
SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves und sein ÖVP-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer traten, vielleicht zu oft Händchen haltend, als Reformpartner an. Und mussten Strafe fürchten, weil die Wähler gerne Reformen fordern, aber, sobald sie selbst betroffen sein könnten, gar nicht mögen. Aber über Reformen wurde kaum noch geredet, die FPÖ hat es einfach geschafft, mit Ängsten vor Asylwerbern und islamistischen Aktivisten den Wahlkampf zu dominieren. Ängste gegen Fakten, denn die sehen so aus: In der Steiermark leben rund 1,2 Millionen Menschen, gleichzeitig sind 5297 Asylwerber in Grundversorgung. Das sind etwa 0,4 Prozent der Bevölkerung. Das Schicksal dieser armen Teufel kann Wahlen in Österreich entscheiden?
Politik ist Stimmung, heute mehr denn je, da hilft es nichts, dass wir über exakte Daten und genaue Informationen verfügen. Bilder dominieren uns. So gesehen ist es unverständlich, wie die Bundesregierung knapp vor Ostern, mitten in eine Regenperiode, ein Zeltlager errichten konnte. Deutlicher hätte man die Überforderung der Politik nicht ausdrücken können. Jetzt wird es Zeit, dass Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Mitterlehner das Thema Flüchtlinge persönlich übernehmen und nicht die Innenministerin alleine lassen.
Vor "Dogmenbruch" in der Politik
Apropos Stimmung: Emotional berührt viele Menschen in Österreich ja mehr die Angst vor sozialem Abstieg als das angebliche Wohlergehen von Flüchtlingen. Und da sind wir wieder einmal bei notwendigen Reformen. Nach allen ökonomischen Daten befindet sich Österreich im Abstieg. Die Wirtschaft stagniert, die Arbeitslosigkeit steigt, die Steuerbelastung ist auch nach der Reform zu hoch, bei der Bildung irritieren die sinnlosen Machtkämpfe zwischen Bund und Ländern immer mehr. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner sagt im KURIER-Interview: "Wir stehen vor einem Dogmenbruch in Bezug auf die Politik seit dem Zweiten Weltkrieg." Die Politik muss aufhören, den Wählern die Lösung aller ihrer Probleme zu versprechen, das glaubt niemand mehr. Es gibt auch immer weniger zu verteilen.
Ab heute gilt Wahlkampf extrem in Wien. Heinz-Christian Strache wird seinen Anspruch auf den Posten des Bürgermeisters deutlicher denn je formulieren, mit dem Kreuz in der Hand und gegen christliche Flüchtlinge aus Syrien. Die anderen Parteien können versuchen, mit Fakten gegen Emotionen zu argumentieren. Wer traut sich, wer fängt an?