Die Stunde der Weltverbesserer
Von Martina Salomon
Die Leute setzen übermäßige Erwartungen in Leute à la Robin Hood
über "Rebellen" und das Establishment
Die Österreicher sind mittlerweile auf ihre politischen Entscheidungsträger und Institutionen so angefressen, dass sie übermäßige Erwartungen in Leute setzen, die sich à la Robin Hood über das Gesetz stellen beziehungsweise mit reichlich unorthodoxen Methoden die Republik ändern wollen. Auf den ersten Blick hat der Waldviertler Schuhproduzent Staudinger mit dem Selfmade-Milliardär und -Politiker Stronach wenig gemein. Ersterer nutzt das Geld von Anlegern in einem originellen, aber illegalen Sparverein, weil er sich von den Banken nicht unterstützt fühlt. Zweiterer setzte sein eigenes Geld ein, um eine Partei aus dem Boden zu stampfen. Die Welle der Sympathie, auf der beide reiten, versetzt tatsächlich das Establishment in Alarm- , vielleicht sogar in Reformbereitschaft.Der rebellische Schuster Staudinger hat Regeln gebrochen. Könnte seine Firma das Geld nicht zurückzahlen, würden die Anleger nach dem Richter rufen. Weil er aber den David gegen den Finanzmarkt-Goliath spielt, hat er die Herzen im Sturm erobert. Und Stronach? Er ist gerade wieder einmal bei Journalisten angeeckt, weil er mittels Vertrag eine Autorisierung seiner Interviews fordert. Skandal? Nun ja, das tun andere Politiker (und noch mehr Künstler!) – allerdings ohne Formular – auch. Es spricht nur niemand darüber, obwohl Pressesprecher die Usance oft weidlich ausnützen und versuchen, das halbe Interview umzuschreiben. Stronach gibt manch Wahres, manch Seltsames und viel Schlichtes von sich. Viele Wähler halten ihn für einen Messias, der das angeschlagene politische System retten könnte. Da ist Skepsis angebracht. Aber vielleicht reicht es für einen Anstoß zur Veränderung.