Der eisige Gegenwind kommt vom Wähler
Von Josef Votzi
Der eisige Gegenwind kommt vom Wähler.
über Rot-Schwarz
Der Bundespräsident streute der neuen Regierung bei der gestrigen Angelobung demonstrativ Rosen. „Es ist richtig, ihr einen Vertrauensvorschuss zu geben – und ernst zu nehmen, was sie ankündigt“, formulierte der Großmeister der politischen Vorsicht, Heinz Fischer, ungewohnt offensiv.
Werner Faymann und Michael Spindelegger sind nach wie vor sichtlich irritiert über den eisigen Gegenwind, der ihnen seit Tagen entgegen bläst. Mit Ausnahme von Schwarz-Blau 2000 hatte in der Tat keine Koalition noch vor dem Start derart schlechte Zensuren. Es ist aber billig und falsch, die massive Kritik als „veröffentlichte Meinung“ abzutun, wie es die Koalitionäre versuchen.
Dem Land wäre zu wünschen, dass kritische Kommentare in- und ausländischer Medien das größte Handicap wären, mit dem Rot-Schwarz in die kommenden fünf Jahre geht. Das Misstrauen in der Bevölkerung ist massiv wie nie zuvor – wie auch die jüngste OGM-Umfrage für den Sonntag-KURIER drastisch zeigte. Das Vorhaben der Regierung, das faktische Pensionsalter auf 60 Jahre anzuheben, heißt eine Mehrheit von 54 Prozent ohne Wenn und Aber gut. Auf die Frage aber, ob sie glauben, dass die Koalition dieses Versprechen auch einlöst, sagen 63 Prozent schlicht Nein. An das Versprechen, bei gutem Wind die Lohnsteuern doch noch zu senken, glauben gar nur handverlesene 4 Prozent; 85 Prozent halten dagegen.
Es ist nicht verbürgt, ob er es so gemeint hat. Aber: Der ungewöhnliche Appell Heinz Fischers, „ernst zu nehmen, was die Regierung ankündigt“, hat einen weitaus größeren Adressatenkreis als die lästige „veröffentlichte Meinung“ – die große Mehrheit des Souveräns, der maßlos enttäuschten österreichischen Wählerinnen und Wähler.