Erdogan als Verlierer
Von Walter Friedl
Egal, wie die Schlacht um den Taksim-Platz ausgehen wird, ein Rambo-Premier ist international isoliert.
über Tayyip Erdogan
Der türkische Regierungschef ist kein Muammar Gaddafi und auch kein Hosni Mubarak, aber gelernt hat auch Tayyip Erdogan von den Vorgängen des Arabischen Frühlings rein gar nichts. Forderungen nach mehr Mitbestimmung und Demokratie lässt der Autokrat vom Bosporus plattwalzen – wie jetzt auf dem Istanbuler Taksim-Platz.
Gewiss, nicht alle Demonstranten protestieren friedlich, die Masse aber schon. Und die hat die Nase voll vom System Erdogan. Ein wenig überspitzt lautet dieses: Der Staat bin ich.
Auf diese Art hat der einflussreichste türkische Politiker seit Staatsgründer Atatürk das Land zwar auf Platz 17 der weltweit stärksten Wirtschaftsnationen katapultiert, die Armee wurde in die Kasernen verbannt und Ankara zu einem „regional player“ mit globalen Ambitionen. Doch zugleich wurden Kritiker mundtot gemacht, und der Staat mischte sich zunehmend in die Privatsphäre der Menschen ein. Ein Beispiel: strengere Alkoholregeln.
Den liberal-säkularen Kräften reicht es, vor allem die Jungen proben den zivilgesellschaftlichen Aufstand. Erdogan reagiert mit Härte und ist damit jetzt schon der Verlierer. Denn egal, wie die Schlacht um den Taksim-Platz ausgehen wird, ein Rambo-Premier ist international isoliert. Und national fügt er den vielen positiven Kapiteln in künftigen Geschichtsbüchern ein dickes negatives hinzu. Der egomanische „Sultan“ hat den Bogen überspannt.