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Das war nur Vorbeben für Rot und Schwarz

Die Hofburg-Wahl war nur das Vorbeben: Immer mehr fühlen sich am Weg nach unten von oben alleingelassen.

Josef Votzi
über politische Erdbeben

Da sind sie wieder die besorgten Anfragen von Medien aus dem Ausland. Erste Frage gestern früh in einem ungewöhnlich langen Live-Interview im Schweizer Radio: Wie ist der plötzliche Erfolg der Rechtspopulisten in Österreich zu erklären? Und wieso konnten SPÖ und ÖVP die Wähler mit ihrer Asylpolitik nicht für sich gewinnen? Nach der Massenflucht ins Blaue stehen Rot und Schwarz nach wie vor unter Schock.

Die SPÖ sucht mit einer blitzartig einberufenen Parteisitzung eine aufkeimende Faymann-Debatte zu ersticken. Damit lassen sich noch abhängige Funktionäre bändigen, mündige Wähler lassen diese archaischen Beschwörungsrituale bestenfalls nur kalt.

Zwischendurch trommeln Parteisekretäre allen Ernstes: Schuld am schlechten Abschneiden sind Meinungsforscher und Medien, weil sie den Koalitions-Kandidaten null Chance für die Stichwahl eingeräumt hätten. Chuzpe pur: Im Vergleich zu ihrem miserablen Abschneiden stehen die Prognosen für Hundstorfer und Khol unter Propaganda-Verdacht. Bei einem Sozialpartner-Gipfel versprechen Werner Faymann und Reinhold Mitterlehner zudem heute einmal mehr den "Neustart der Regierung".

Auch der Politik würde die Regel aus dem Zivilleben gut anstehen: Am Anfang jeder Besserung steht die Erkenntnis. Das Beben gegen die da oben entlud sich zwei Jahre früher als erwartet. Die Präsidentenwahl 2016 war nur die Generalprobe für die Nationalratswahl 2018. Abgestimmt wurde zuvorderst nicht über die Eignung von Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol für die Hofburg, sondern über die Performance der Regierungsspitze.

Immer weniger Menschen kommen mit ihrem Einkommen aus. Immer mehr fürchten um ihren Job und haben zudem Sorgen wegen der schlechten Jobaussichten ihrer Kinder. Die Abstiegsangst geht bis weit in die Mittelschicht hinein. Immer mehr fühlen sich dabei von der Politik schlicht alleingelassen. Schon im Vorfeld der Hofburgwahl ging am Ballhausplatz die Idee der Installation eines Regierungssprechers um. Wenn das die einzige nachhaltige Antwort auf das Debakel bleibt, waren die 35 Prozent für Blau nur ein harmloser Zwischenstand für den nächsten Wahltag.