Meinung/Kommentare/Aussenpolitik

“Change” feiern jetzt die Republikaner

Dem mächtigsten Land der Welt droht gefährlicher, innenpolitischer Stillstand.

Mag. Ingrid Steiner-Gashi
über die US-Kongresswahlen

Das war keine Niederlage, das war eine schwere Schlappe für Barack Obama. Umso schmerzhafter für den Herrn des Weißen Hauses, zumal nicht einmal der US-Präsident, sondern das Parlament zur Wahl gestanden ist. Das gestrige Votum der amerikanischen Wähler aber war nichts anderes als ein Ausdruck der Unzufriedenheit, der Enttäuschung und des sich Abwendens von jenem einstigen Hoffnungsträger der amerikanischen Politik, der vermocht hatte, mit seinem Versprechen von “Change” (Wandel) Millionen Menschen in aller Welt buchstäblich von den Sitzen zu reißen.

Den “change” feiern jetzt die Republikaner. Mit der Rückeroberung beider Häuser des Kongresses sind Präsident Obama für die letzten zwei Jahre seiner Amtszeit die Hände weitestgehend gebunden. Kein Gesetz wird er gegen den Willen der Konservativen durchbringen. Was den Präsidenten im Grunde nicht zu einer noch “lahmeren Ende” (lame duck) macht, die er nicht schon ist. Bereits in den vergangenen vier Jahren haben die Republikaner Obama jeden nur erdenklichen Prügel vor die Beine geworfen. Alle großen Reformvorhaben des demokratischen Präsidenten scheiterten am Widerstand der Republikaner.

Die Frage ist nur: Haben die Republikaner nun den Handlungsfreiraum, den sie Obama genommen haben? Kommt nun die konservative Agenda: Steuern runter, Staatsausgaben und Sozialleistungen radikal kürzen, strengere Einwanderungsgesetze? Nie und nimmer, so lange Barack Obama im Weißen Haus sitzt. Der Präsident wird jedes radikal-konservative Gesetz der Republikaner mit einem Veto verhindern. “Lahm” werden in den kommenden zwei Jahren bis zur nächsten Präsidentenwahl also auch die Republikaner sein.

Das wird gefährlichen, innenpolitischen Stillstand für das mächtigste Land der Welt bedeuten. Das wird Amerikas Konservativen aber auch keinen Bonus für die Wahl 2016 bringen – zumal sich im Hintergrund die gefürchtete Hillary Clinton als potenzielle demokratische Kandidatin bereits für die Präsidentenwahlen in Stellung bringt. Auf republikanischer Seite ist dagegen noch kein gleichwertiger Gegner zu sehen.

Nach der Wahl ist vor der Wahl, und auch nach der gestrigen Niederlage gilt für die Demokraten: Für die Kür des nächsten Präsidenten (oder Präsidentin) stehen ihre Chancen gut.