Meinung/Kolumnen/Worklife

Alles früher und was kommt später?

In den frühen Dreißigern sind 90 bis 95 Prozent der Karrierewünsche erfüllt - und dann?

Mag. Sandra Baierl
über verschobene Gehälter (nach hinten) und Karrieren (nach vorne)

Junge Einsteiger verdienen heute so viel wie vor zehn Jahren. So weit, so schlecht.

Tröstlich ist bei diesen Konditionen nur, dass der Aufstieg – und die damit einhergehende Besserbezahlung – heute schneller gehen kann als früher. Vorausgesetzt, man investiert überdurchschnittlich viel Zeit und Kraft in die Karriere. Vorausgesetzt, man hat auch das Glück, damit tatsächlich Erfolge zu erzielen. Vorausgesetzt, diese Erfolge werden von den Vorgesetzten gesehen und honoriert.

Dann kann’s schnell gehen. In Führungspositionen kommen heute schon die 30-Jährigen. Dass Chefsein nicht mehr zwingend mit Seniorität zusammenhängt, ist eine durchwegs erfreuliche Neuheit. "Ich sehe die Trennlinie nicht zwischen Alt und Jung, sondern zwischen gut und schlecht – und das ist weder eine Frage des Alters noch der Erfahrung. Moderne Führung bedeutet, Menschen zu ermöglichen, ihr volles Potenzial zu entfalten. Punkt. Und wer immer das kann, von dem kann und sollte man lernen", sagt Autorin Anja Förster in unserem Interview auf Seite 11.

Und dann?

Für die, die in ihren frühen Dreißigern tatsächlich 90 bis 95 Prozent ihrer Karrierewünsche erfüllen können – in Jobtitel, Verantwortung und Gehalt –, stellt sich allerdings schon früh im Leben die Frage: Und jetzt? Was kommt in den nächsten 35 Berufsjahren?

Verabschiedet man sich vom Gedanken des "noch höher", "noch weiter", "noch mehr", lässt man eventuell sogar ein "weniger" zu, eröffnet das schöne Möglichkeiten. Mit dem Verständnis, schon alles erreicht zu haben, kann man Neues ausprobieren, die Richtung ändern, Bestehendes optimieren und sich Freiheiten schaffen.

Auch das Leben könnte nach der ersten Dekade des intensiven Vollerwerbs wieder die Hauptrolle spielen – dafür bleibt in Karrierephasen ja oft keine Zeit.