wien mitte: Sommerende
Ha! Wir waren noch einmal baden. In der Alten Donau, da hatte es einmal noch 29 Grad, um vier am Nachmittag, als wir beschlossen rauszufahren. Wir hatten den quasi seit der Geburt allerbesten Freund des Erstgeborenen dabei, der jetzt auch ins Gymnasium muss, wenn auch leider in ein anderes als sein Kumpan. Trotzdem strahlen beide genau diesselbe Mischung aus Amüsement, Unglauben und Bestürzung aus, als hätte ein fremder, komisch aussehender Mann sie auf der Straße an den Schultern gepackt und fünf Minuten lang geschüttelt, um dann wieder seines Weges zu gehen. Mit diesen beiden Gymnasiasten sowie unseren Kleinen mieteten die Liebste und ich zwei Tretboote beim Hofbauer, strampelten uns unter der Wagramer hindurch, gingen auf der Höhe von Neubrasilien längsseits und hupften in die Flut. Wie immer, wenn der Sommer eigentlich vorbei ist und schon ein paar präherbstliche Regengüsse stattgefunden haben, hatte das Wasser der Alten Donau noch einmal seine maihafte Spritzigkeit zurückbekommen, kühl, aber lebendig. Als wir auf der Rückfahrt wieder in die Wagramer einbiegen wollten, entdeckten wir an der Ecke ein zum Firmensitz umfunktioniertes Wohnhaus mit einem denkbar sonderbaren Schriftzug: Haus der Einfriedung, stand da. Wir dachten beide zunächst an ein Bestattungsunternehmen, zweifelten aber bald, als wir sahen, was sich hinter dem Zaun des Vorgartens befand, nämlich noch ein Zaun. Hinter diesem zweiten Zaun erhob sich dann wieder ein Zaun, gefolgt von zwei Zäunen. Zaun um Zaun zerschnitt den Vorgarten, bis dann die Mauer des Hauses der Einfriedung kam. Wir sahen Maschenzäune, Sprießel-Zäune, Drahtverhaue und gusseiserne Zäune sowie solche Lanzen-Zäune, die einen unwillkürlich an den Tod des Sohnes einer Schauspielerin denken lassen, zumindest wenn man in den 1980ern großgeworden ist. Zuhaus suchten wir im Netz nach der Firma und fanden eine grundsympathische Kunstschlosserei, die auch noch Blumengefäße, Geländer und Kunsthandwerkliches anfertigt. Hauptsächlich aber Zäune, sprich: Einfriedungen. Ja, und auch wir begeben uns nun in unser höchstpersönliches Haus der Einfriedung, wir verschließen Zaun um Zaun, wir sehen die Alte zur Kalten Donau werden. Da letzte Summa woa sea scheen, singt Schiffkowitz. ernst.molden(at)kurier.at