Spiel und Gesang
Von Ernst Molden
Im Schilf stellte die Ringelnatter dem Laubfrosch nach.
über die Natur
Mit meiner Band hab ich eine Reise in die Wiese gemacht, ins Nordburgenland, nach Oslip oder Uzlop, wie es auf kroatisch heißt. Hier steht an der Wulka die beeindruckende, vielhundertjährige Cselleymühle, und die beinhaltet insgesamt zu viel, um es hier aufzuzählen. Unter anderem liegt dort aber das Studio unseres Freundes, des Herrn Kantine, und dorthin gingen Herr Wilhelm, Herr Walther, Herr Hannes und ich, um unsere zwölf neuen Lieder aufzunehmen. Herr Kantine nimmt Musik ohne Computer auf, auf Tonband, das heißt, man kann nachher nichts beschönigen und muss sich also vorher gut vorbereiten. Das taten wir nach Kräften, und waren dann gar nicht so schlecht in Spiel und Gesang an den Ufern der Wulka.In den Pausen gingen wir stets auf die große, halb verwilderte Wiese hinter der Mühle, wo Obst- und Nussbäume stehen, wir legten uns ins Gras. Wir waren umkreucht und umfleucht von allen Tieren Pannoniens. Über uns jagte der Falke die Taube. Im Schilf stellte die Ringelnatter dem Laubfrosch nach. Die Schwalben zogen auf der Gelsentreibjagd pfitschipfeilartig an unseren Köpfen vorbei. Und im Unterholz nestelten Igel und die herrliche Wechselkröte, das smaragdgrün gefleckte Supermodel des Burgenlandes. Dort in der Wiese tranken wir aus einer Flasche Wein, probierten die Lieder, die noch aufzunehmen waren, und die große
Stadt, die wir ja eigentlich alle lieben, glitt wie ein abgeheiltes Ekzem von uns ab. Am letzten Tag sahen wir Herrn Wilhelm wie einen Schmetterlingsforscher unter den Bäumen einhergehen, halbstundenlang, immer wieder verhaltend, und erst, als er kurz vor uns war, erkannten wir, dass er die Blüten der Robinien, der falschen Akazien, verzehrte. „Hab i scho als Bua gmochd. Jetzt schmeckt’s nimma so guat. Aber mia hom jo nix ghobd, nochn Kriag.“Und in diesem Moment rief ein Kuckuck mit kupferner Stimme, und dieser Ruf, der Wehmut und Alles-ist-möglich in sich vereint, ließ mich traurig werden, weil ich die Liebste und die Brut vermisste. Aber anderntags war ich eh schon wieder daheim, und Erdberg tat so, als hätte es mein Fernbleiben gar nicht bemerkt.