über LEBEN: Informationsgehalt
Von Guido Tartarotti
Deshalb bin ich Zeitungsleser geworden. Wegen dieser raren, großen Momente der Erkenntnis. "Ein Mann ist keine Frau", so lautete unlängst der Titel des zu Recht für seine Aufdeckungen berühmten Nachrichtenmagazins profil. Das ist eine jener Schlagzeilen, bei denen einem die Buttersemmel aus dem Mund fällt und man sich denkt "Pardauz" oder "Schön, dass diese nagende Ungewissheit hiermit endlich beseitigt ist". Und dann sagt man "Schatz, stell dir vor, das profil hat aufgedeckt, dass ein Mann keine Frau ist" sowie "Könntest du so lieb sein, mir die Buttersemmel wieder zwischen die Zähne zu schieben, ich kann nicht, denn ich habe meine Hände gerade dankbar gen Himmel gereckt". Und so herrscht am Frühstückstisch jene aufgeräumte, heitere Atmosphäre, die nur aus der ruhigen Gewissheit tiefer Erkenntnisse wächst. "Mo! Ment!", wird der ewige Skeptiker gelblichen Gesichts jetzt einwenden. Mo! Ment! Gesetzt den Fall, die dem Frühstückenden Angetraute kommt auf die Idee, zu fragen: "Heißt das jetzt nur, dass ein Mann keine Frau ist, oder auch, dass eine Frau kein Mann ist?" Dann wäre es mit dem häuslichen Frieden vorbei, quälende Diskussionen würden die Luft verpesten, hässliche Zweifel an den Seelen der Eheleute bohren. Und weil profil das vorausgeahnt hat, erschien genau die Hälfte der Auflage mit dem Titel "Eine Frau ist kein Mann". Jetzt ist natürlich des Frohlockens kein Ende in allen Haushalten, Männer und Frauen lesen einander jubilierend die Titelzeilen vor und alle sind zutiefst dankbar, zu wissen, was sie nicht sind. Die nächsten profil -Titelzeilen heißen übrigens laut Insider-Informationen "Zwei Frauen sind keine fünf Männer", "Ein Mann ist kein Philodendron", "Ein Hund ist kein Gesetzesentwurf", "Milch ist keine Hyperbel" sowie "Mama und Mimi im Park".