No joke

New York, Flughafen JFK. Einreiseschalter. Ich erwarte wie immer das Schlimmste – streng verhört zu werden, weil ich italienisch heiße, aber kein Italiener bin, Deutsch spreche, aber kein Deutscher bin. Oder weil ich „arabisch“ aussehe. Hatten wir alles schon.

Der Einreisebeamte sieht aus wie einer dieser Sergeants in Vietnam-Filmen, der seinen Untergebenen zwar durch ausgefeilten Sadismus jede Menschenwürde amputiert, ihnen dann aber im Gefecht gütig das Leben rettet, freilich unter Zurücklassung von ein, zwei Extremitäten. Ich entschließe mich (ehrlich, kein Schmäh), den Mann vorsichtshalber mit „Sir“ anzureden. „WAS WOLLEN SIE IN DEN VEREINIGTEN STAATEN?“, brüllt er. Sir, Urlaub machen. „DAS HEISST, SIE SIND NICHT GESCHÄFTLICH HIER?“ Nein. „WARUM NICHT?“, bellt er. „NIEMAND WILL MIT UNS GESCHÄFTE MACHEN, DABEI BRÄUCHTE AMERIKA SO DRINGEND GUTE GESCHÄFTE!“ Sir, ich verspreche, wir wollen in den USA viel einkaufen und jede Menge Geld ausgeben ... „KÖNNEN SIE SICH DAS ÜBERHAUPT LEISTEN? ZEIGEN SIE MIR IHRE KREDITKARTE!“

Als ich daraufhin meine Kreditkarte hervorhole, fällt mir auf, dass seine Wangenmuskeln zucken, und mich befällt ein Verdacht. „Sir, I guess ... you are kidding me..?“ „Maybe“, sagt er, und es gelingt ihm nur unter Aufbietung all seiner in jahrzehntelanger Arbeit antrainierten Würde, einen seiner Position als Verteidiger der Grenzen der Vereinigten Staaten von Amerika unangemessenen Lachkrampf zu vermeiden. „Was sind sind Sie von Beruf? Kulturjournalist? Na viel Spaß – viel Kultur werden Sie bei uns nicht finden“, sagt er, und zwinkert meinem Sohn zu. „And take care – there’s a hurricane coming, this is no joke.“

Guido Tartarottis Kabarettprogramm „Heini Hemmi“: Samstag (8.12.), Stadttheater Walfischgasse.www.guidotartarotti.atguido.tartarotti@kurier.at