Eine Währung für die Kunst
Ich kann berichten, dass die Biennale kunstökonomisch ein großer Erfolg war.
Über Schwurbel
Letzte Woche bin ich knapp zwei Stunden Schlange gestanden, um den französischen Beitrag im deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig zu sehen. Tags davor waren es 45 Minuten, um den deutschen Beitrag im französischen Pavillon sehen zu dürfen.
Da fragt man sich selbst und wird natürlich gefragt: Und, hat es sich ausgezahlt? Gute Frage. Ich weiß es nicht. Vor Jahren, als ich einmal vor dem MoMA in New York Schlange stand, standen gleichzeitig noch viel mehr Menschen Schlange, um bei Abercrombie & Fitch einzahlen zu dürfen.
Das hat sich sicher ausgezahlt.Vielleicht finde ich einen Betriebswirt, der mir dabei hilft, eine Kennzahl wie „ROW“ (return on waitingtime) zu etablieren, die man errechnet, indem man zuerst die Zahl der durch das Betrachten der Arbeit aktivierten Neuronen durch die Wartezeit in Sekunden dividiert, um dann den Zeitwert des Kunstwerks, abgezinst um den Biennale-Faktor, multipliziert mit dem Materialwert des Pavillons, dazurechnet. Ich schlage vor, die dadurch entstehende Währung „ Schwurbel“ zu nennen. Ich kann berichten, dass die Biennale kunstökonomisch ein großer Erfolg war. „Straight“ von Ai Weiwei hat mir auf einen Schlag 123 Schwurbel eingebracht, von denen ich zwar im beknackten nordischen Pavillon 47 wieder verloren habe, die kurze Bären-Phase wurde allerdings glanzvoll dadurch beendet, dass mein Portfolio mit den Einnahmen aus dem amerikanischen Pavillon erstmals die magische Marke von 200 Schwurbel durchbrach, ein Wert, mit dem ich nie gerechnet hätte.
Jetzt muss ich entscheiden, ob ich mein neu erworbenes Kunstvermögen an der Schwurbelbörse anlegen soll oder nicht. Konservativ, wie ich bin, werde ich es, gegen jeden biblischen Rat, eher vergraben. Ganz tief drinnen.