Meinung/Kolumnen/Trenklers Tratsch

Ein Hilferuf der österreichischen Buchhändler

Wie man hört, denken etliche renommierte Buchhändler ans Aufhören.

Thomas Trenkler
über den Buchhandel:

Die Lieblingsbuchhandlung Ihres Tratsch-Partners in Wien ist der Kuppitsch beim Schottentor, mit viel Engagement geleitet von Michael Kratochvil. Jahrzehntelang konnte man davon ausgehen, dass so gut wie jedes literarische Buch, das man kaufen wollte, im ersten Stock vorrätig war. Zudem machte man viele Entdeckungen – weil eben das gesuchte Werk im Regal zwischen zwei anderen steckt.

Fasziniert ist Ihr Tratsch-Partner auch vom Keller. Denn in diesem Vorratsspeicher der besonderen Art herrscht aufgrund der engen Korridore ein gewisses Chaos. Doch seit geraumer Zeit glaubt man, sich um den Kuppitsch Sorgen machen zu müssen. Die Regale im Oberstock sind nicht mehr so üppig befüllt. Selbst Bestseller von Kazuo Ishiguro oder die Neuerscheinung von Helmut Krausser sucht man vergeblich. Die Glanzzeiten scheinen, stellt man mit Wehmut fest, wirklich vorbei zu sein.

Diesen Eindruck bestätigt eine Studie, die der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels in Auftrag gab. Im ersten Quartal 2016 hätte man zwar zum ersten Mal seit einigen Jahren ein leichtes Umsatzwachstum (3,6 Prozent) erzielen können, die Lage aber sei nach wie vor „problematisch“, die Situation vieler Betriebe werde „immer prekärer“.

Von 2005 bis 2015 seien die Mieten und Betriebskosten um 39,6 Prozent, die Personalkosten um 43,6 Prozent gestiegen, die Buchpreise allerdings nur um 7,2 Prozent. Und keine Frage: Natürlich setzt die Konkurrenz des globalen Online-Handels die Sortimenter „unter Druck“. Im Gegensatz zu Amazon zahlt der stationäre Buchhandel aber im Inland Gehälter und alle möglichen Steuern.

Die jüngste Presseaussendung des Hauptverbands liest sich wie ein Hilferuf. Man führt ins Treffen, dass rund 400 Vollsortimenter hierzulande mehr als 3000 Mitarbeiter beschäftigen und dass der Buchhandel ein „relevanter Wirtschaftsfaktor der österreichischen Volkswirtschaft“ sei: Der Gesamtumsatz hätte 2015 mehr als 730 Millionen Euro betragen, er sei damit höher als jener aus der heimischen Kino- und TV-Filmproduktion. Zudem belebe der Buchhandel nicht nur das Stadtbild, sondern mit Lesungen auch den Veranstaltungssektor.

Um die Wettbewerbsfähigkeit des lokalen Buchhandels zu stützen, sei es unabdingbar, „Steuerschlupflöcher für global agierende Unternehmen zu schließen und die Rahmenbedingungen für den lokalen Handel zu adaptieren“, meint Benedikt Föger, Chef des Czernin Verlags und Präsident des Hauptverbands. „Letztendlich müssen auch die Verlage ihre Preispolitik überdenken. Ohne ein Bündel unterstützender Maßnahmen können österreichische Sortimente künftig ihre Geschäfte an frequenzstarken Orten nicht mehr erhalten.“

Wie man hört, denken etliche renommierte Buchhändler ans Aufhören. Manche würden ihre Geschäfte gerne in jüngere Hände übergeben, doch es finde sich niemand. Zur gefährdeten Spezies gehört unter anderem die wunderbare Buchhandlung Eckart von Walter Lux in der Josefstädter Straße.

Schauen Sie einmal hin! Sie werden aus dem Staunen nicht herauskommen. Und wenn ein Buch für Sie bestellt werden muss: Die Lieferzeit dauert nicht länger als bei Amazon. Drohnen-Zustellservice gibt es zwar keines, aber wenn Sie Stammkunde werden, gewährt man Ihnen bei vielen Buchhandlungen fünf Prozent Rabatt. Auch nicht so schlecht!