Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Zwischen hui und pfui

So wie es langsam fad ist, Konjunktiv-Star Marko Arnautovic zum alleinigen Sündenbock zu stempeln

Wolfgang Winheim
über das Nationalteam

Miroslav Klose, 35, gelingt gegen Österreich das 1:0. Robbie Keane, 33-jähriger Kapitän des nächsten Österreich-Gegners, ist Torschütze und bester irischer Mann beim 1:2 gegen Schweden. Steven Gerrard, 33, führt als Torschütze und Antreiber die Engländer zu einem 4:0 gegen Moldawien. Gianluigi Buffon, 35, rettet mit Glanzparaden Italiens 1:0 gegen Bulgarien über die Distanz.

Während Senioren in der WM-Qualifikation auftrumpfen, darf (und will) der älteste ehemalige österreichische Teamkandidat Paul Scharner, 33, nicht mehr spielen, sondern in Ö3 zum verbalen Rundumschlag bei Claudia Stöckls Sonntags-Frühstück ausholen.

Doch es wäre billig und unseriös, im (längst unaktuellen) Fall Scharner auch nur einen Mitgrund für die prekäre Situation in der WM-Qualifikation zu sehen. So wie es langsam fad ist, Konjunktiv-Star Marko Arnautovic zum alleinigen Sündenbock zu stempeln, obwohl Marcel Kollers Festhalten an ihm kaum noch einer seiner Teamchef-Vorgänger versteht. Wesentlich unerklärlicher ist:

Wie auch immer der Teamchef heißt und wen er auch immer nominiert – mit Jung oder Alt, mit Klein oder Groß, mit Genie oder Arbeiter bezieht Rot-Weiß-Rot auf deutschem Boden stets Prügel. Und so ist zwölf Monate, nachdem sich Österreichs beste Kicker im Prater beim unglücklichen 1:2 als besseres Team gegen Deutschland Sympathien verschafften, der Imagegewinn wieder völlig verspielt.

Daheim hui, auswärts pfui – es hat sich seit Jahren nichts geändert. Außer dass Freund wie Feind immer mehr Fußball mit Händen und Ellbogen spielen. Veli Kavlak erlitt nicht zufällig einen Nasenbeinbruch. Sein Ausfall würde gegen Irland auch taktisch schmerzen, zumal erneut Zlatko Junuzovic vorgegeben werden muss. Ohne den laufstärksten Profi (13 km pro Spiel) rennt’s einfach nicht.

Junuzovic fehlte den Österreichern mehr als Sebastian Schweinsteiger den Deutschen. Aber das wird zumindest jene TV-Zuschauer, die im Normalfall anderes zu tun haben als Fußball schauen, wenig interessieren. Ebenso wenig wie die Feststellung, wonach es für die Deutschen vom Umfeld her selbst mit einer Zweitliga-Auswahl zum Sieg reichen müsste. Allein das Land Bayern ist größer als Österreich, obwohl nur vier der zwölf Millionen „echten Bayern“ (Philipp Lahm, Thomas Müller, Schweinsteiger) auch Nationalspieler sind.

So gesehen brauchen die lieben Kollegen von der Bild-Zeitung („ 9. Sieg gegen die Ösis in Folge. Schöne Tradition ...“) nicht spotten.

So gesehen aber stehen die 0:3-Verlierer am Dienstag erst recht unter Siegzwang. Irland hat vier Millionen weniger Einwohner als Österreich.