Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Helden und Ignoranten

Die Gala mit 1500 Gästen ließ den Schluss zu, dass alles wunderbar sei im Sport

Wolfgang Winheim
über die Wahl zum Sportler des Jahres

So knapp war die Entscheidung, wer Sportler des Jahres wird, noch selten. Und so geheim wie heuer blieb das Resultat bis zuletzt überhaupt noch nie.

Der Beweis:

Der ORF schickte ein Reporter-Team mit zwei Trophäen zu David Alaba nach München. Mit einer für Platz 1 und mit einer für Platz 2, falls Vorjahrssieger Marcel Hirscher seinen Titel doch verteidigen würde.

Alaba wurde von München aus in die ORF-Livesendung zugeschaltet, nachdem ihm Bayern-Trainer Josep Guardiola die Wien-Reise endgültig untersagt hatte. Schon in den Stunden vor der Gala wurde der FC-Bayern-Star immer wieder von Mikrofonträgern zu Statements gebeten, und immer wieder versicherte Alaba, wie glücklich er und seine Nationalteamkollegen über das Bleiben von Marcel Koller seien. Kollers Schweizer Landsleute reagierten auf dessen Ja zu A nicht mit Groll. Im Gegenteil: 70 Prozent, ergaben Online-Umfragen, können Kollers Entscheidung zugunsten des österreichischen Verbands (und damit gegen jenen der Schweiz) verstehen.

Koller flog gestern früh zu seinem „Heldenempfang“, wie das Zürcher Blick per Schlagzeilen formulierte, nach Wien, blieb der abendlichen Sportgala im Austria Center an der Donau aber fern. Auch Peter Stöger wurde dort nicht gesichtet.

Koller und Stöger (mit Austria Meister, mit Köln in 14 Spielen unbesiegt) hätten einander vermutlich ein ähnlich knappes Wahlrennen geliefert wie Alaba und Hirscher. Aber die Kategorie Trainer des Jahres gab es nicht bei der Journalisten-Abstimmung. Dafür wurden die Aufsteiger des Jahres gekürt und die Mannschaften des Jahres. Und Ski-Boss Peter Schröcksnadel wurde für sein Lebenswerk geehrt.

Die Gala mit 1500 Gästen ließ den Schluss zu, dass alles wunderbar sei im Sport. Ist es aber nicht. So waren Sport und Bewegung, obwohl Österreichs Jugendliche immer fetter werden, bei den Koalitionsverhandlungen bisher kein Thema. Das ist nicht der Skandal des Jahres, sondern die Langzeit-Sünde einer ganzen Generation. Denn über die Sport-Ignoranz wurde an dieser Stelle schon vor der letzten Regierungsbildung geschrieben. Und vor der vorletzten. Und vor. . .