Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Staatsaffäre

Dass nach Liga-Ende urlaubsreife Profis für freundschaftliche Länderspiele absagen, passiert alle Frühsommer wieder. Das musste schon Marcel Kollers Vorvorgänger Josef Hickersberger, der am Samstag zum letzten Mal in Abu Dhabi coacht, zur Kenntnis nehmen. Und das hat auch Dietmar Constantini miterlebt.Dass Constantinis Nachfolger beim ersten Teamtraining auf einen Spieler verzichten musste, weil der beim obersten Schweizer Verteidigungsminister zum Rapport befohlen wurde, ist einzigartig. Und pikant, zumal Teamchef Koller Schweizer ist. Aleksandar Dragovic hatte im Trubel der Basler Pokalfeier Bundesrat Ueli Maurer aus Jux und Tollerei eine Kopfnuss verpasst. Das ist so, als hätte einer von den Salzburger Red-Bull-Legionären nach dem Cupfinalsieg unserem Staatsoberhaupt die Frisur zerstört.Politische Gegner in Wien würden vielleicht sogar applaudieren. Auch die Eidgenossen reagierten, sofern nicht ganz humorbefreit, zunächst locker, wenn ... ja wenn nicht Dragovic einem Radiosender um ein Uhr Nacht ins Mikrofon gelallt hätte, dass er sich nur entschuldige, weil dass sein Verein wolle.Für so viel Dummheit gebührt symbolisch ein Kopfstück. Und eine Moralpredigt des Teamchefs. Und eine Geldstrafe vom Klub. Aber keine Sperre von zehn Spielen, die in der Schweiz gefordert wurde. Und die nicht einmal die übelsten Treter erhalten, wenn sie dem Gegner die Beine brechen.Dragovic sah in seiner Profi-Karriere bei der Austria keine einzige Rote Karte. Er begeht weniger Fouls als Stürmer. Er ist ein von Topklubs à la Arsenal begehrter Verteidiger. Nur halt ein unbedarfter Bursche, der erst lernen muss, mit so viel Lob und Geld umzugehen.Jetzt schon kassiert Dragovic in Basel mehr als der zweithöchste Schweizer Politiker, dem er so frech durchs Haar gefahren war.

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