Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Saufgelage

Zwischen Trainingseinheiten musste ein Achterl Rot gespritzt getrunken werden.

Wolfgang Winheim
über Fußball und Alkohol in den 60ern

Können Österreichs Kicker heute bei 36 Krügeln im Schatten ihre guten Leistungen vom Liga-Auftakt wiederholen? Oder werden die Reporter abwertend von Sommerfußball berichten? Und sich damit zum x-ten Mal einer Formulierung bedienen, die aus den 60er-Jahren stammt, als bei Hitze mehr gestanden als gerannt wurde. Nur gab’s damals auch kuriose Gründe dafür. So waren die Spieler nichts ahnend zum Dehydrieren verdammt. Zwei spätere Teamchefs erinnern sich an ihren Einstand bei den Profis.

Als das Studenterl Josef Hickersberger im 66er-Jahr „für einen alten VW-Bus“ von Amstetten zur Austria geholt wurde, durfte, nein musste, zwischen zwei Trainingseinheiten im Eisenstädter Vorbereitungscamp ein Achterl Rot gespritzt getrunken werden. Davor und danach war Flüssigkeitszufuhr verboten. Der angesehene Trainer Ernst Ocwirk hatte dieses „Rezept“ von Italien (fünf Jahre bei Sampdoria) mitgebracht. Hickersberger: „Ich war net amol a Schluckerl Alkohol gewohnt und völlig groggy. Damit wir außer dem einen G’spritzten nix trinken konnten, ließ Ocwirk sogar die Rasen-Sprenkelanlage abschalten.“

Als ein paar Jahre später bei Rapid Hans Krankl mit 17 zur Kampfmannschaft hochgezogen wurde, ließ der damalige Trainerfeldwebel Gerdi Springer im Camp gar nur ein Achtel Mineral zu. Klammheimlich, erzählt Krankl, hätten damals die Routiniers Rudi Flögel und Johnny Bjerregaard Getränkekisten auf ihre Zimmer geschleppt.

Heute weiß jeder, dass Nicht-Trinken einem Harakiri mit Anlauf gleichkommt.

Heute werden die Schiedsrichter in jeder Halbzeit die Spiele zur Trinkpause unterbrechen.

Ja, heute nehmen Profis an Matchtagen zumindest das 25-Fache der seinerzeit erlaubten Flüssigkeitsmenge zu sich.

Und was passiert mit denen, die nicht bis zum Umfallen saufen müssen, damit sie bis zum Umfallen rennen können?

Bier dürfen Zuschauer nicht nur bei Rapid, sondern auch (in Leichtversion) beim Schlager Salzburg – Austria in der Red-Bull-Arena konsumieren.

Na, dann Prost.