Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Kickergage für den Ski-König

Der Mikrofonslalom des Torlauf-Champions ist auch nach Saisonende nicht zu Ende.

Wolfgang Winheim
über die mediale Präsenz von Marcel Hirscher

So manch mediengeiler Politiker könnt’ vor Neid erblassen: Marcel Hirscher wurde während der finalen Weltcup-Woche mehr als 60-mal interviewt – die ORF-Pflichtauftritte bei Rainer Pariasek vor und nach jedem Rennen und eine Aufzeichnung für die ZIB 2 gar nicht miteinbezogen. Auch CNN, Eurosport, französische, Schweizer, deutsche und norwegische TV-Anstalten stellten sich bei dem 24-Jährigen um Wortspenden an.

Der Mikrofonslalom des Torlauf-Champions ist auch nach Saisonende nicht zu Ende.

Montag Abend waren Hirscher und Aksel Lund Svindal Livegäste bei Servus TV im Salzburger Hangar-7.

Dienstag wird Raiffeisen-Martektingleiter Leo Pruschak seinen Paradeschützling bei einer Pressekonferenz standesgemäß im „Platzhirsch“ am Opernring präsentieren.

Mittwoch wird Hirscher den Ö3-Morgenwecker von 7 bis 8 Uhr früh mitmoderieren, was ihm nicht zu letzt wegen seiner Schlagfertigkeit leichtfallen wird, zumal Skirennläufer schon aufgrund ihres Berufs Frühaufsteher sind. Beim Finale war um 6 Uhr Tagwache.

Am Freitag dürfen Großkunden seiner Sponsorbank dem Weltcupsieger am Kitzsteinhorn hinterherwedeln.

Und ehe Hirscher am Palmsonntag mit Freundin Laura, Unterwasserbrillen und Flossen in südlichen Gefilden untertaucht, wird er noch gemeinsam mit seinem deutschen Freund Felix Neureuther im ZDF-Sportstudio in Mainz auftreten. Dort, wo sonst jeden Samstagabend Fußball-Millionäre begrüßt werden. Und wo ihm die Frage, was er verdient, vermutlich gar nicht erst gestellt wird, kann doch selbst der beste Brett’lartist mit 2,5 Millionen Euro im Erfolgsjahr (inklusive aller Nebengeräusche) zumindest der Hälfte der 450 deutschen Bundesliga-Profis nicht imponieren.

In Anspielung auf den Gewichtsunterschied nannte Alberto Tomba während der WM den Salzburger Pistenfloh Hirscher den „halben Tomba“. Eine Bezeichnung, die auch auf einen Gagenvergleich zutrifft, war doch Tomba schon in den ersten 90er-Jahren, damals noch profitierend vom trügerischen italienischen Wirtschaftswunder, internationaler Topverdiener gewesen. Ehe ihn Steuerfahnder demaskierten.

Die aktuelle Gagenrangliste beschränkt sich nur auf Veranstalter-Preisgelder. Und auf Bruttobezüge. Trotzdem ist bemerkenswert, dass mit Tina Maze (elf Siege) eine Frau mehr kassierte als das gesamte Schweizer Herren-Team. Und fast vier Mal mehr als Skispringer Gregor Schlierenzauer (140.000) für neun Saisonsiege. Und mehr auch als Hirscher. Der aber weiß nach dem 45. Podiumsplatz immer noch demütig zu schätzen, wie gut es das Schicksal mit ihm meint.

Der Neid war im bescheidenen Annaberger Hause Hirscher nie a Luder.