Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Eine Watschn im Herbst der Karriere

Chefcoach Mathias Berthold kennt keine Protektion.

Wolfgang Winheim
über Reinfried Herbst

Reinfried Herbst spricht von einer brutalen Watschn. Der Olympia-Zweite von 2006 und Slalom-Weltcupsieger von 2010 bekommt keine WM-Chance.

In der Schweiz, wo nur vier von 13 für die WM nominierten Herren die WM-Kriterien (einmal unter Top Acht oder drei Mal unter Top 15) schafften, hätten sie einen wie ihn wohl mit der Sänfte Richtung Schladming getragen. Dem ÖSV aber haben die Plätze 6 und 7 des Salzburgers nicht genügt. Dabei, sagt Herbst, sei Benjamin Raich nur ein Mal schneller als er gewesen. „Daher hätte ich mir eine Qualifikation um den Slalom-Startplatz verdient.“

In Wahrheit geriet Herbst nicht wegen Raich, zumal dieser als Kombinierer Medaillenchancen hat, sondern wegen Marcel Mathis ins Abseits. Der 20-Jährige gilt im Riesenslalom als Riesentalent, nur hat er’s in dieser Saison nicht gezeigt.

Vielleicht erlebt Herbst, 34, vor Olympia 2014 in Sotschi einen dritten Frühling. Heuer war Russland für ihn noch keine Reise wert: Beim Moskauer Parallel-Rennen schied er aus. Marcel Hirscher setzte hingegen seine Erfolgsserie fort. Danach folgten eine zweistündige mitternächtliche Busfahrt von der Ski-Rampe zurück ins Hotel, vier Stunden Schlaf, neuerliche zwei Bus-Stunden zum Flughafen. Und, und, und. Aber Hirscher fühlt sich stressresistent, spekuliert er doch ernsthaft damit, in Schladming vor Riesentorlauf und Slalom in der Kombination auf Medaillenjagd zu gehen und sich damit ein Abfahrtsabenteuer anzutun.

Für die WM-Kombi war auch Trainersohn Frederic Berthold ein Thema gewesen. Gestern gewann der 21-jährige in Sarntal (Italien) die Europacup-Abfahrt. Zu spät. Chefcoach Mathias Berthold kennt keine Protektion. Er ließ sich weder durch den jüngsten Erfolg seines Juniors noch durch alte Verdienste von Herbst beeinflussen.