Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Ein Jahr danach: Bewegt euch!

Hinsichtlich sportlicher Aktivitäten sieht Österreich im internationalen Vergleich arm aus.

Wolfgang Winheim
über Sportpolitik

Wie ein Wanderpokal wurde der Sport seit 20 Jahren unter 16 Entscheidungsträgern herumgereicht. Öfters war der Unterrichtsminister zuständig, zuweilen der Kanzler, manchmal das Gesundheitsministerium. G’sünder wurde dabei niemand. Aber nach der Olympia-Pleite reagierte das Parlament getreu dem Motto „erst muss was g’schehen, bis was g’schieht“, indem es einstimmig die tägliche Bewegungseinheit an Schulen beschloss. Das war vor genau einem Jahr.

Inzwischen herrscht Funkstille. Kein einziges Mal fiel seit der Wahl das Wort Sport. Also darf erwartet werden, dass ohnehin alles im Laufen sei und die neue Regierung mit Reformen aufwartet. Zumal sich vor der Wahl Kanzler Werner Faymann mehrmals zu mehr Bewegung an Schulen bekannte.

Um Irrtümern vorzubeugen: Es geht längst nicht nur um Spitzensport, um den Bau neuer Stadien. Der Staat wird nicht zerbrechen, wenn die Fußball-Nationalelf die Qualifikation verpasst, Schwimmer baden gehen oder ungedopte Leichtathleten die Weltelite nur via TV sehen. Aber den Steuerzahler wird’s treffen, wenn viele jener Schüler, die jetzt schon übergewichtig sind, in 20, 30 Jahren mehr die Spitäler als den Arbeitsplatz frequentieren.

Was Rauchen, und Alkohol betrifft, ist die Jugend EU-weit Spitze. Oder anders formuliert: Hinsichtlich sportlicher Aktivitäten sieht Österreich im internationalen Vergleich arm aus.

Die tägliche Bewegungseinheit ab dem Kindergarten kann zu einer Trendumkehr führen. Aber sie allein garantiert natürlich noch keine Medaillen. Wer es zum Topsportler bringt, hat meist von der Erziehung sportbegeisterter Eltern profitiert.

Waren bei Rekordinternationalen und Rekordschützen im Fußball (Andreas Herzog), Handball (Andreas Dittert) oder Eishockey (Dieter Kalt) deren Papas die Väter des Erfolgs, so fallen mittlerweile die Äpfel auch vom Birnbaum.

Dass Andreas Weimann zu den Schnellsten der Premier League zählt, ist in Anbetracht der Gene (Mama Sylvia war 14 Jahre lang Rekordhalterin über 100 Meter Hürden, Vater Thomas Weimann 110-m-Hürden-Meister 1986) kein Wunder.

Patrick Konrad, Sohn des früheren 3000-m-Hindernis-Rekordlers Wolfgang Konrad (jetzt Organisator des Vienna City Marathon) zählt in der U-23-Kategorie zu Europas talentiertesten Radrennfahrern.

Marc Jankos Mama Eva gewann Olympia-Bronze im Speerwurf. Der Papa von WM-Fechter Rene Pranz war Wasserball-Internationaler.

Und der von Marcel Koller ins Team berufene Lukas Hinterseer ist Enkel von Slalom-Olympiasieger Ernst Hinterseer, Sohn des ehemaligen Weltcupfahrers Guido Hinterseer und Neffe des singenden Hansi. Letzterer hatte die tägliche Turnstunde noch nicht notwendig: Er war jeden Morgen von der Seidlalm mit Skiern runter nach Kitzbühel gewedelt.