Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Die liebsten Feinde

Deutschen Medien hatte er pauschal den Krieg erklärt.

Wolfgang Winheim
über Paul Breitner

Viele der fast 12.000 Österreicher, die sich vor Wochen schon Tickets für das Münchner Länderspiel am 6. 9. besorgt haben, werden es vielleicht nicht glauben: Zu keinem anderen Verband haben die Deutschen einen dermaßen innigen Kontakt wie zum ÖFB. Was nicht nur an der Sprache und an der Tatsache liegt, dass Österreich seit 1931 in Deutschland kein Ländermatch gewonnen hat.

Franz Beckenbauer, der sich für die Vergabe der EM 2008 an Österreich eingesetzt hatte, ist „offizieller Schirmherr“ des ÖFB-Jugendprojekts.

Dietmar Constantini machte 2010 als damaliger ÖFB-Teamchef und WM-Zaungast die Südafrika-Reise in der VIP-Delegation des deutschen Fußball-Bundes mit.

Und den deutschen Fußball-Präsidenten Wolfgang Niersbach verbindet mit ÖFB-Generaldirektor Alfred Ludwig eine jahrzehntelange Freundschaft, nachdem beide ihre Karriere im Fußball-Journalismus gestartet hatten. Niersbach als konservativer Agentur-Redakteur, Ludwig als neugieriger Boulevard-Reporter.

Nur bei der WM ’82, als Ludwig (damals ÖFB-Pressebetreuer) noch 50 Kilo weniger wog, mochten einander Deutsche und Österreicher zu sehr. Das war beim Nichtangriffspakt in Gijon, wo sich österreichische Legionäre mit deutschen Klubkollegen auf ein 1:0 für Deutschland einigten, das beiden Teams zur weltweiten Empörung den Aufstieg bescherte.

In der Zwischenrunde scheiterten Friedl Koncilia, Bruno Pezzey und Co dann an internen Gruppenbildungen mehr als am Gegner, während sich die ebenfalls zerstrittenen Deutschen nach dem Motto „Reibung schafft Energie“ bis ins WM-Finale durchbissen .

Paul Breitner (er war tiefroter Mao-Anhänger und Kicker-Millionär in einer widersprüchlichen Person) redete damals in Madrid nur mit uns Wiener Journalisten. Deutschen Medien hatte er pauschal den Krieg erklärt. Derselbe Breitner, der später selbst zum gefürchtetsten Honorar-Kritiker wurde.

Inzwischen fallen die Wortspenden des Fußball-Rebellen dezenter aus. Auch in Österreich urteilen Promis wie Hans Krankl oder Toni Polster moderater als in ihren „journalistischen“ Anfängen, was sich sowohl mit besseren Leistungen des Teams als auch mit Alterstoleranz begründen ließe.

Herbert Prohaska indes war bereits in jungen Jahren ein so humaner ORF-Analytiker, worauf seine Fairness als Feigheit interpretiert wurde.

In München ist der Ex-Teamchef, zumal der ORF keine Senderechte hat, arbeitslos. Dafür wird mit Josef Hickersberger ein anderer Ex-Teamchef für ATV kommentieren.

Auch von Hickersberger hat der aktuelle Teamchef Marcel Koller keine verbalen Nadelstiche zu befürchten. Sir Josef schätzt Koller. Einzig das Festhalten an Marko Arnautovic kann Hickersberger nicht ganz nachvollziehen. So wie die Mehrheit der Ex-Internationalen auch. Auf die Oldies wartet in München ein Legenden-Fest. Organisiert von DFB und ÖFB. In alter Freundschaft.