Meinung/Kolumnen/Tagebuch

1:50 auf der Baustell’

Bei Vienna sind schon im Frühjahr Bundesligakicker für 1200 Euro brutto dem Ball nachgerannt

Wolfgang Winheim
über die Großbaustelle Fußball

Wie in der Wirtschaft: Während Europas Großklubs dank Ölscheichs, Oligarchen und Steuertricks mit der Goldenen Credit Card auf Einkaufstour gehen, schützt Klein- und Mittelbetriebe auch Tradition nicht vor dem Ruin.

In Spanien hat sich mit Salamanca der Stammklub von Weltmeister-Trainer Del Bosque aufgelöst. In Deutschland wurde der MSV Duisburg aus der zweiten Liga verbannt. In Schottland muss Premier-League-Klub Heart of Midlothian (wo Thomas Flögel von 1997 bis 2002 spielte) wegen Millionenschulden mit aussichtslosen 15 Strafpunkten die Meisterschaft starten.

In Wien beginnt für die Vienna die neue Saison in der zweiten Bundesliga am 19. Juli mit minus drei Zählern, weil Österreichs ältester Klub (119 Jahre) die Lizenzauflagen nicht erfüllt hat.

In der Steiermark geriet nach dem GAK, dem DSV Leoben und Bad Aussee soeben ein vierter ehemaliger Bundesligaklub aussichtslos in die roten Zahlen: Der lange Zeit von einem Bestattungsunternehmen gesponserte FC Gratkorn ist klinisch tot.

Manchen Vereinen war der Profi-Bereich einfach eine Nummer zu groß. Manche büßen für die Hochstapelei von Funktionären, denen Gefängnis droht, sofern sie nicht ohnehin schon dort sitzen. Manche aber stehen – und das ist die wahre Tragödie – so wie der Wiener Sportklub am Abgrund, obwohl sie ihren Spielern wenig bis gar nichts mehr zahlen, zumal die Kosten für Strom, Wasser, Platzerhaltung und Jugendbetrieb mit 200 Buam höher als die Einnahmen sind.

Bei Vienna sind schon im Frühjahr Bundesligakicker für 1200 Euro brutto dem Ball nachgerannt. Ab der neuen Saison wird auch Erstligist Innsbruck teils nur noch Putzfrauen-Gagen zahlen, weshalb es im West-Derby gegen Salzburg zu Duellen mit Spielern kommen wird, die das 50-Fache verdienen.

Wie die Kluft Arm – Reich wird auch die Zahl arbeitsloser Profis immer größer. Das Mitleid hält sich in Grenzen. Angesichts dramatischer Pleiten wie jener des Alpine-Konzerns regt’s bald nur noch die Spielergewerkschaft auf, dass auch der Fußball einer Großbaustell’ gleicht.