Meinung/Kolumnen/sex in der freizeit

Höhepunkt mit 32

Isa Klausnitzer ruft den Dresscode für die KURIER ROMY 2016 aus (siehe Seite 28): Rosa ist’s! Womit wir bei der gleichnamigen Brille gelandet wären. Die spielt naturgemäß beim Sex eine Rolle – vor allem in der Frühphase einer Liaison. Da wäre er, dieser ansehnliche Kerl mit dem ansehnlichen Gemächt, der schicken Wohnung und dem ansehnlichen Gefährt. Alles würde passen. Irgendwann kommt der Moment der Wahrheit: g’schnackselt wird. Passt eh, „an sich“. Denn genauer betrachtet, könnte alles besser sein: geiler, leidenschaftlicher, tierischer, zärtlicher, intensiver. Was passiert? Man spürt sich’s schön (weil das Sich-schön-Saufen auf Dauer nur die Leber hart macht) und lässt sich so lange flachlegen, bis die Brille purzelt. Und das mit dem „passt eh“ nicht mehr so flutscht. Das braucht allerdings Reife. Dazu passt eine aktuelle britische Studie. Darin wurden die wichtigsten Meilensteine des Lebens abgefragt – die Zufriedenheit, das Lebensglück, die Liebe betreffend. Das Ergebnis: Am gesündesten fühlen sich Menschen mit 30, am glücklichsten mit 39 und sexuell betrachtet ist der Höhepunkt mit 32 Jahren erreicht. Stimmt’s? Ein guter Moment, um sich zu erinnern: Wie war das damals? War’s wirklich so wuh-hu? In den meisten Fällen wird die Antwort eindeutig sein. Ja – war es! Zwar wird immer wieder behauptet, Sex würde mit zunehmendem Alter besser, aber eben nur im Konjunktiv. Stimmt, es geht auch mit 70 noch was, aber mit 32 turnt sich’s einfach lässiger. Sorgloser nämlich, spontaner und mit mehr Holladero. Um die 30 ist vieles selbstverständlich und „gelernt“. Man steckt gerne in seiner Haut, lernte zu akzeptieren, dass das mit der Model-Figur in diesem Leben nicht mehr funktionieren wird und auch sonst ist alles geschmeidig. Das Wissen um sexuelle Vorlieben etwa – sämtliche Sex-Mythen und komischen Vorstellungen – sind durch. Wer 32 ist, weiß meist, wie guter Oralverkehr funktioniert und wie nicht. Jetzt muss man sich nicht mehr vor irgendwas fürchten, was man nicht kann. Das große Zittern ist vorbei – die Unsicherheit, diese Mischung aus Furcht und Neugierde, so typisch für Beischlaf-Rookies. Es gibt klare Ansagen, weil endlich der Mut da ist, zu artikulieren was geht – und was nicht. Wünsche werden offen ausgesprochen, Mythen enttarnt. Man hat kapiert, dass die Missionarsstellung auch ihre Reize haben kann und weiß ebenso, dass der berühmt-berüchtigte und aus Filmen bekannte Steh-Fick im Hausflur was für Sportliche ist. Eine Option, aber kein Best-Leistungsmarker für die eigene sexuelle Biografie. Und alles wird plötzlich gut. Schön zusammengefasst hat das Daniel Kehlmann im Roman „F“, in dem das Mädchen Marie auf den „Geschmack kommt“: „Beim ersten Mal war es merkwürdig und ein wenig anstrengend gewesen, beim zweiten Mal war es ihr bloß albern vorgekommen, aber beim dritten Mal, bei ihm zu Hause, während seine Eltern verreist waren und der Hund kläglich an der Tür kratzte, hatte sie plötzlich begriffen, warum die Menschen so viel Aufhebens davon machten“. Und so geht das weiter. Bis 32. Und vielleicht sogar darüber hinaus.gabriele.kuhn@kurier.at