Meinung/Kolumnen/Schule

Straßenbahndialog

Dings oder Bums?

Niki Glattauer
über einen Straßenbahndialog

Komme ich in der Straßenbahn eines Morgens neben einem ca. 15-Jährigen zu sitzen. Nicht schlecht erwischt, weil wie gesagt Bub, 15, allein. Und Bub, 15, allein immer Innensitz (wohingegen Dame allein spätestens ab 35 grundsätzlich Außensitz, weil auf dem Innensitz nämlich grundsätzlich Tasche, aber das ist eine andere Geschichte.) Ich nehme also, ohne höflich den Taschenplatz für mich reklamieren zu müssen („… oder hat Ihre Tasche auch einen Fahrschein, Gnädigste?“) lächelnd Platz, was mein Nachbar gar nicht mitkriegt, weil er mit seinem Smarttrottel beschäftigt ist. Steigt bei der nächsten Station ein Mitschüler zu und beginnt mit seinem Freund an mir vorbei einen Dialog, der ungefähr so abläuft:– Hey cool! Du spielst Clash! – M-hm. – Wie lange spielst du schon? – Halbes Jahr. – Stimmt es, dass dein kleiner Bruder der ur Sammler ist? – M-hm. – Welches Level? – 11. – Dings oder Bums? (hat natürlich anders geheißen, hab ich mir aber nicht gemerkt)– Beides. – Wirklich? Beides? Geil! Worauf sich der eine dicht vor mein Gesicht beugt, um dem anderen besser aufs Display schauen zu können. Mit Fortlauf des Spiels bleibt sein Mund immer öfter offen. Irgendwann kann ich aufgrund der Reste in seinem Zahnfleisch das Frühstück rekonstruieren. 10 Minuten vergehen, dann:– Ur ur geil! Ur echt! – M.hm. – Und was hat DAS jetzt gebracht…? – 3000. – Und die Heilerin da hinten? – Die heilt. – Aha, wenn einer tot wird, dann … – Nein, die kann nicht Leben, die kann nur Wunden. – Ur cool. – Ja, riesencool. Plötzlich: – Scheiße. Raus! Schiebt sich an mir vorbei.– Was hamma erste Stunde? – Latein … Immer wieder fein, denke ich, wenn du als Hauptschullehrer Gelegenheit hast, der gepflegten Unterhaltung angehender Maturanten beizuwohnen ...