Schüttelreim
Von Simone Hoepke
Heute darf man ungeniert Schüttelreime vortragen und bekommt dafür sogar eine Gratis-Melange serviert.
über Poesie
Heute ist Welttag der Poesie – das interessiert vor allem Kaffeetrinker! Denn am 21. März darf man ungeniert Schüttelreime im Kaffeehaus vortragen und bekommt dafür eine Gratis-Melange vom Ober serviert. Sollte der Kellner wider Erwarten nur noch grantiger werden und demonstrativ die Rechnung auf den Tisch legen, sitzt man schlicht im falschen Lokal. Sprich: Nicht in einem jener 130 Kaffeehäuser, die an der Aktion "Pay with a Poem" teilnehmen.
Hobby-Dichter kommen heute für einen Moment auf Augenhöhe mit großen Literaten – die ihre Zeche ja auch gern mit Gedichten bezahlt haben. Manchen wurde sogar ein Denkmal gesetzt. Peter Altenberg sitzt knapp hundert Jahre nach seinem Tod noch immer im Café Central – als Pappmaché-Figur. Das ist konsequent. Er passt quasi noch heute auf, wer in sein ehemaliges Wohnzimmer spaziert.
Im Kaffeehaus bleiben Gäste traditionell gern "picken". Heute wird das nicht anders sein. Im Café Korb hat sich etwa Günther " Gunkl" Paal angemeldet – Experte für eh alles. Hochgeistiges zu Poesie à la "Ich fuhr mit der Bim nach Hietzing, weil ich mit dem Mantel am Sitz hing" ist damit wohl garantiert. Peinlich muss Neo-Literaten übrigens so gut wie nichts sein: Es gibt keine Qualitätslimits, sagt selbst der Veranstalter. Im Vorjahr hat er 10.000 Gedichte eingesammelt.